Karlheinz Bargholz (1920-2015)
Ein Nachruf auf den bis zum Schluss engagierten Architekten. Von Julia Bargholz 22.01.2018Der Hamburger Architekt BDA wurde vor allem bekannt als Verfasser zahlreicher Sakralbauten in der katholischen Diaspora des deutschen Nordens, die aus dem Blickwinkel einer regionalen bau- und kirchengeschichtlichen Gesamtbetrachtung der letzten 50 Jahre einen bemerkenswerten Beitrag für ein Stück Zeitgeschichte leisten und als Sakralbauten auch noch heute mit ihren eigenen Reizen aufwarten können – als Orte der Kontemplation und Transzendenz.
Der gebürtige Altonaer, dessen Ausbildung durch die Jahre des Weltkrieges 1939-45 unter erschwerten Bedingungen verlief, verstand es erfolgreich, seine ingenieurtechnischen Vorkenntnisse im Leichtbau vielfältig in seine berufspraktische Tätigkeit als Architekt einzubringen und umzusetzen.
Seine Erfahrungen als Mitarbeiter bei dem Hamburger Kirchenbauer Gerhard Langmaack waren nachhaltig prägend.
Den Auftrag für seine erste eigene Kirche erhielt er 1954, bereits vier Jahre nachdem er sich als Architekt selbständig gemacht hatte. Dem folgten zahlreiche weitere Sakralbauten. In den Hochzeiten von Neugründungen katholischer Gemeinden kam es beispielsweise 1963 allein zu drei Kirchweihen seiner Projekte und im Jahre 1971 waren neben den „Profanbauten des Alltags“ vier Kirchen gleichzeitig im Bau (in Lohne, Tönning, Edendorf und Ratzeburg).
Meistens erforderte der Kontext ergänzende Baumaßnahmen wie Pfarrhaus, Gemeindezentrum, kath. Jugendheim, z.T. in Verbindung mit einer katholischen Schule, einem Kindergarten, einem Alten- und Pflegeheim oder Wohnungsbau. So konnten diese geistigen Zentren auch als städtebaulich geschlossene Einheiten das Stadtgefüge prägen (wie zum Beispiel in Hamburg-Eidelstedt, Rendsburg, Hamburg-Neugraben und Hamburg-Farmsen).
Er verstand Städtebau und Architektur als ganzheitliche Herausforderung. Er kümmerte sich jedoch auch um kleinere Probleme, deren Lösungen er in zahlreichen 1zu1-Detailzeichnungen belegte, darunter Leuchten und Kirchengestühl sowie Innenraumgestaltungen und Möbel.
Als Bausachverständiger und Gutachter stellte er immer wieder seine Fachkompetenz und seine Berufserfahrung zur Verfügung. In fachinteressierten Freundeskreisen waren seine enthusiastischen Vorträge und Reden überaus gefragt, fand er doch den richtigen Ton, um mit seinem jeweiligen Thema in der Sprache von Allgemein-Architektur-Interessierten eben gerade die Laien anzusprechen und zu begeistern. Noch im Jahre 2006 wagte er sich an das aktuellste aller Hamburger Themen heran: die Hafencity. Seine fundierte Auseinandersetzung und seine fachliche Lebenserfahrung prägten Anschauung und Denkweise in diesem Zusammenhang. Kollegen und Freunde ließ er daran teilhaben, die nicht selten zu Weggefährten wurden. Im privaten Umfeld pflegte er die mittleren und größeren Anlässe des Lebens in Vers und Reim zu kommentieren ohne zwanghafte Sprachverstümmelung zu betreiben wie es Geburtstagsständchen zuweilen so an sich haben.
Verständigung und Frieden waren ihm mehr als nur private Anliegen. Architektur und Gesellschaft formatieren gleichberechtigt die Baukunst und Karlheinz Bargholz übernahm Verantwortung für beides.
Als Beispiel dafür mag seine schriftliche Auseinandersetzung gelten, welche er 2001 mit dem Hamburger Bürgermeister Ortwin Runde, der Hamburgischen Architektenkammer, dem BDA, dem Architekturkritiker Dr. Manfred Sack (Frankfurter Rundschau) und nicht zuletzt natürlich konkret mit dem Entwurfsverfasser des Michaelisquartiers führte, in der er engagiert und sachlich darlegte, wie sehr die freie Sicht auf den geliebten Hamburger Michel als Wahrzeichen dieser Stadt von dem städtebaulich fehlerhaften Arrangement der Baukörper beeinträchtigt und verstellt wird. Der Blick, welcher sich tagtäglich an der Millerntor-Kreuzung von der Reeperbahn hin zur Ost-West-Achse bietet (s.o.), entspricht eben nicht der so vielfältig veröffentlichten Ansicht.
Als im Jahre 1997 eines seiner ersten Bauvorhaben, das Wohnhaus für einen befreundeten Geschäftsmann in Hamburg an der Elbchaussee, bereits nach 44 Jahren Existenz wieder abgerissen wurde, um einem lukrativeren Neubauvorhaben eines britischen Milliardärs zu weichen, nahm Karlheinz Bargholz es mit Gelassenheit und kommentierte den Vorgang lakonisch als „Opfer der Zeit“.
Erst im Jahr 2005 zog er sich schließlich aus der aktiven Bauwelt zurück. Obwohl er auf seinen Reisen besonders in späten Jahren viele Orte als eindrucksvoll erleben durfte, blieb er doch stets seiner Heimatstadt treu und verbunden. Seine ausgeprägt offenherzige und zugewandte Wesensart bleibt all denen unvergessen, die ihn kannten.
Am 24. Oktober 2015 hätte er seinen 95. Geburtstag gefeiert, doch verstarb er nach einem langen und erfüllten Leben am 13. September 2015 in Hamburg im Kreise seiner großen Familie.
Prof. Dipl.-Ing. Julia Bargholz lehrt an der Jade Hochschule Oldenburg am Fachbereich Architektur am Institut für Intermediale Gestaltung und Darstellung (IGD).