Museum für Ländliche Arbeit, Zvizzhi, Oblast Kaluga, Russ

Ein Turm aus Lehm und Stroh nahe Moskau symbolisiert etwas; und versucht Geschichte mit Gegenwart zu vereinen

Gleich zu Anfang sei gesagt, dass das hier vorgestellte Museum irgendwo im Westen des Riesenreiches Russland, im russischen Dorf Zvizzhi im Kaluga-Gebiet, nicht vom oben genannten Architekturbüro geplant wurde, sondern von einem der Büropartner allein, Sergei Tchoban, zusammen mit Agniya Sterligova. Agniya ist eine langjährige Kollegin von Sergei Tchoban, mit der er eine Vielzahl von Projekten (vieles in Russland, aber auch einiges außerhalb Russlands) realisiert hat. Hauptsächlich handelt es sich um Ausstellungsprojekte, wie etwa den Beitrag bei der Architektur Biennale 2012 in Venedig (i-city), Ausstellung „Living Line“ (Installation in Mailand, 2015 während des Milan Design Week), Ausstellung „Losing Face“ im Jüdischen Museum und Toleranz Zentrum in Moskau (2015) oder etwa die Installation „U_cloud“ im Rahmen der Ausstellung INTERNI in Mailand, 2014. Ebenso realisieren beide Architekten Bauten im kleinen Maßstab.

Das Museum entstand nicht als l’art pour l’art Inszenierung oder als ein Versuchsbau im Rahmen eines Forschungsprojekts zum Lehmbau. Es war Teil des Archstoyanie – einem bekannten russischen (Landschafts-)Architektur-Festival, das in diesem Jahr zum ersten Mal nicht mit Installationen auf dem freien Feld veranstaltet wurde sondern in dem schon genannten kleinen Dorf Zvizzhi, nahe Moskau gelegen.

Der in die dörfliche Landschaft platzierte Bau, der deutlichen Objektcharakter hat, knüpft an die Silhouette eines Siloturms an. Dazu allerdings schwingen jede Menge bauliche Referenzen mit, die sich teilweise an den Stil „Rote Dorik“ anlehnen, dessen wichtigster Vertreter in den ersten Jahren nach der Revolution der Architekt Ivan Fomin gewesen ist. Als weiteres für die Architekten wichtiges Bezugsgebäude nennen sie den Arbeiterklub Zuyev (Architekt: Ilya Golosov, 1927-29) in Moskau.

Der Turm aus Lehm und Stroh mit einem Durchmesser von 3,2 m und 8 m Höhe steht in einem Kartoffelfeld, in der Nähe einer Landstraßen-Gabelung. Damit wird er zum Zeichen, zum Hinweis auf die Zufahrt zu einer kleinen typisch russischen Siedlung.

Betreten wird der vertikale Ausstellungsraum über eine unscheinbare Tür. Der Blick nach oben geht in eine Kuppel, die von einem hell-gelb gefärbten Glas geschlossen ist, womit das Innere des Museums unabhängig vom Wetter stets in eine warm leuchtende Farbe getaucht wird. Mangels Raumflächen werden die Innenwände für die Ausstellungsgegenstände genutzt: Auf knapp 100 m² Wandfläche schrauben sich die spiralförmig montierten Gerätschaften wie Tröge, Rechen, Holzkellen etc aus dem hiesigen ländlichen Arbeitsalltag gleichsam gen Himmel. Und der spielt in diesen entlegenen Regionen noch immer eine zentrale Bedeutung in der spirituellen Hinwendung der Menschen an das Göttliche. Hier dann scheiden sich die Wege der Revolutionäre und ihre Arbeiterklubs und der aufgeklärten Mystiker unserer Zeiten. Be. K.

Architekturfestival Archstoyanie

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