Zwei Wettbewerbe – zwei Lösungen?

Stellungnahme des BDA Landesverbandes Niedersachsen zur Neukonzeption des Plenarbereich Niedersächsischer Landtag in Hannover

Wettbewerbe sind Baukultur. Der Entwurfswettbewerb unter Architekten oder Stadtplanern hat in Europa eine lange Tradition. Er ist das beste Verfahren, um vor der Vergabe eines konkreten Auftrags verschiedene Lösungen für ein Gebäude, seine Konzeption, sein Aussehen und seine städtebaulichen Dimensionen einzuholen.

Öffentlichkeit und Bauherr können die Wettbewerbsergebnisse mit einander vergleichen, auf ihre aktuelle Stichhaltigkeit überprüfen, ökonomische Erfordernisse abschätzen, ökologische Verträglichkeit beurteilen und ästhetische Qualitäten prüfen. Der Architektenwettbewerb ermöglicht nicht nur eine beliebige, sondern die in jeder Hinsicht beste Lösung.“ (Quelle: Richtlinien für Planungswettbewerbe des Bundes Deutscher Architekten BDA)

Im Falle des niedersächsischen Landtags haben in den Jahren 2002 und 2010 jetzt schon zwei Architektenwettbewerbe stattgefunden mit jeweils hochkarätig besetzten Preisgerichten. Ganz abgesehen von dem Wettbewerb aus dem Jahre 1958, bei dem der Architekt Dieter Oesterlen die Jury mit seiner Lösung überzeugte, die Ruine des Leineschlosses zu bewahren, diese sensibel zu ergänzen und so ein Zeitdokument der Nachkriegsmoderne schuf, das zu Recht unter Denkmalschutz steht und 1976 mit dem BDA Preis Niedersachsen ausgezeichnet wurde. Aus Achtung gegenüber diesem baukulturellen Erbe wurde 2002 eine Wettbewerbsaufgabe formuliert, die es den Preisträgern ermöglichte, überzeugende Lösungen in „Respekt vor den vorher tätigen Baumeistern“ zu entwickeln.

Jedes Ergebnis eines Architektenwettbewerbs resultiert aus der Aufgabenstellung und den damit verbundenen Anforderungen an den Ort, den Umgang mit dem Bestand (gerade bei einem Baudenkmal), die Gestalt, die Funktionen, die Kosten und die Nachhaltigkeit. Jetzt haben die Entscheidungsträger die einmalige Chance, beide Wettbewerbe und ihre prämierten Arbeiten dahingehend nochmals genau zu begutachten, zu überprüfen und gegeneinander abzuwägen.

Deshalb fordert der BDA Landesverband Niedersachsen: Der Landtag als Vertretung aller Bürger und in Verantwortung für alle Bürger muss sich kritisch und vergleichend mit den Wettbewerbslösungen von 2002 und 2010 auseinandersetzen! Würde und Tradition eines Parlamentes – und das fällt nicht leicht – verbieten dem Zeitgeschmack folgende Lösungen. Das, was jetzt entschieden wird, transportiert unsere Haltung in die nächsten Generationen. Und diese werden fragen: War der Abriss des Oesterlenschen Plenarsaals die korrekte Entscheidung? Oder: Ist Erhalt und Weiterentwicklung der Tradition und des Baukulturellen Erbes am Ende doch die richtige Lösung, um Zeithorizonte in die nächsten Generation zu tragen?

Internet: www.bda-niedersachsen.de

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