Zweifel

Über die Rechtmäßigkeit der Wettbewerbsdurchführung Wiederaufbau Schloss und Humboldt-Forum Berlin

Wie weist man seine Leistungsfähigkeit nach? Im Verfahren zur Rekonstruktion des Berliner Schlosses, zukünftiges Humboldt-Forum, war ein Leistungsnachweis von jedem gefordert, der sich am Realisierungswettbewerb beteiligen wollte: Erstens musste jeder Bewerber nachweisen, dass sein Büro in den Jahren 2004 bis 2006 einen jährlichen Umsatz von mindestens 300 000 Euro gemacht habe, oder zweitens, dass es in der gleichen Zeit neben dem Büro-Inhaber drei festangestellte Mitarbeiter beschäftigte. Franco Stella, der damals allein Insidern bekannte, ansonsten jedoch unbekannte Italiener aus Vicenza und gute Freund von immer noch Strippenzieher, ehemaligem Senatsbaudirektor Berlins, Vater des „Planwerks Innenstadt“ und bekennendem Rekonstruktionsliebhaber Hans Stimmann, Stella, der Ende 2008 den international ausgelobten Wettbewerb zur Schlossrekonstruktion gewonnen hatte, ihm wird jetzt vorgeworfen, diese Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Abgabe der Wettbewerbsunterlagen nicht erfüllt zu haben. Das Berliner Stadtmagazin Zitty und das Kunstmagazin art hatten berichtet, dass Stella angeblich nur einen Mitarbeiter beschäftigte. Stella hat diesen Vorwürfen widersprochen und erklärt, er habe die nötige Zahl von drei Architekten beschäftigt. Kontrolliert wurden diese Angaben aber offensichtlich nicht, das Bundesbauministerium räumte dieses jedenfalls ein. Zum Ärger vieler Wettbewerbsteilnehmer und namentlich von Hans Kollhoff, der aktuell eine Rüge einreichte. Kollhoff hatte bei dem Wettbewerb mit drei anderen Büros den dritten Platz belegt.

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und späterer Hauptnutzer des einstigen Humboldt-Forums, fordert in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ Klarheit: „Bei einem für die Bundesrepublik so bedeutenden Projekt sollte alles sehr korrekt ablaufen, ich bin gespannt auf die Reaktionen der Verantwortlichen.“ Auch Peter Hettlich, baupolitischer Sprecher der Grünen, forderte in einer kleinen Anfrage die Bundesregierung auf, darzulegen, wie Stellas Angaben durch den Bund geprüft wurden und welche Konsequenzen aus den Zweifeln an Stellas Teilnahmeberechtigungen gezogen würden (zum Text der kleinen Anfrage siehe Anlage hier).

Ob das Verfahren nun revidiert wird ist völlig offen, angesichts der demnächst anstehenden Bundestagswahl wird es sicherlich noch bis in den Spätherbst dauern, bis ein erster Untersuchungsausschuss sich den Details widmet, auch wird der Ausgang des jetzt lediglich wie ein Skandal gehandelten Vorgangs von juristischer Seite aus geprüft werden; schließlich geht es bei einigen Beteiligten um viel, um sehr viel Geld.

Dass Architekten nun die Kammern beziehungesweise die Berufsverbände auffordern, hier deutlich Stellung zu beziehen und notfalls auch ordentlich zu klagen, ist verständlich. Ob die Kammern und Verbände jedoch ihre prinzipiell skeptische Haltung dem Verfahren des Wettbewerbs und (teils auch) dessen Ziel gegenüber in ein durchaus juristisches Vorgehen umsetzen erscheint zweifelhaft. Was stand vor vier Jahren noch auf der Dachkante des jetzt ausgelöschten Palastes in großen Lettern, zwanzig Meter lang? „Zweifel“. Den hatte man bezüglich des Sinnes der Schlossreanimation mit zweifelhaftem Inhalt schon länger, bezüglich der Rechtmäßigkeit des Verfahrens ist er aber offenbar auch angebracht. Be. K.

Kleine Anfrage der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Katrin Göring-Eckardt, Peter Hettlich, Omid Nouripour, Kai Gehring und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Realisierungswettbewerb für das Berliner Schloss – Humboldt-Forum

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