Der BDB KLIMAbauPLAN

– Was Bauplanende, Politik und Wirtschaft jetzt tun müssen

Viel zu lange wurde die zentrale Rolle des Bauens für die immer weiter steigenden Treibhausgasemissionen nicht deutlich und öffentlich genug diskutiert. Dabei ist allein der Gebäudebetrieb für 36 % CO2-Emissionen in Deutschland und Europa verantwortlich. Deshalb muss der gesamte Planungs- und Bauprozess rasch neu gedacht werden, um den Leben bedrohenden Klimaschaden durch die Branche zu verkleinern. Was Bauplanende, Politik und Wirtschaft jetzt tun müssen, fasst der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e. V. BDB in 10 Punkten im "BDB KLIMAbauPLAN" zusammen:

1. Klimagerecht und vielfältig – Plädoyer für eine neue und nachhaltige Baukultur

Die neue Aufgabe der Baukultur ist, das Bauen mithilfe von Nachhaltigkeitsstrategien zukunftsfähig zu machen. An diesem Prozess muss die Zivilgesellschaft beteiligt werden. Graue Energie, Energieverbrauch und Treibhausgasausstoß von Bauwerken müssen zu entscheidenden Qualitätsmaßstäben werden.

2. Wertschätzung des Bestandes und Sanierung – Der Gebäudebestand als zentrales Element

Der Gebäudebestand ist der Schlüssel für die Erreichung der Klimaziele. Dies betrifft vor allem die Nutzung und Wertschätzung der im Bestand gebundenen grauen Energie. Über den CO2-Preis sind Neubau und Bestand auf gleicher Ebene zu bewerten. Die Sanierungsrate muss auf 4 % pro Jahr deutlich steigen.

3. Besser „klimapositiv“ – Unverzüglich eine Zäsur im Neubau

Der Neubau darf ab sofort nur noch klimaneutral, besser „klimapositiv“, sowie ressourcenschonend und nachhaltig erfolgen. Gesetzliche Bestimmungen müssen dazu sofort die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen. Mit jedem Bauantrag ist ein verpflichtender Nachhaltigkeitsnachweis einzureichen, in dem der CO2-Fußabdruck, die Recycelbarkeit und die Müllvermeidung betrachtet werden müssen.

4. Lebenszyklusbetrachtung – Der ganzheitliche Blick auf alle Gebäude

Jedes Bauwerk ist mit einem „CO2-Stempel“ zu belegen, der über eine einheitliche Berechnungsmethode erstellt werden muss. Für den Bestand ist dieser „Stempel“ nachträglich auszustellen. Bei Neubauprojekten sind diese Unterlagen verpflichtend den Genehmigungsbehörden vorzulegen.

5. Den Kreislauf schließen  – Baustoffe als entscheidender Hebel

Die Nutzung nachwachsender, regenerativer und wiederverwertbarer Ressourcen bei Baustoffen und in der Energieversorgung hat Priorität. Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft mit dem Ziel einer Recyclingquote von 100 % der wiederverwertbaren Bau- und Abbruchmaterialien muss über allem stehen.

6. Stadt und Land – Planen und Bauen im überregionalen Zusammenhang

Es müssen Strategien entwickelt werden, um mit weniger Ressourceneinsatz, Energie- und Flächenverbrauch auszukommen und der Zersiedelung entgegen zu wirken. Leerstand muss vermieden oder im Sinne des Klimaschutzes im Gebäudebereich als Entwicklungspotenzial verstanden und zur effektiven Deckung des Wohnraumbedarfs genutzt werden.

7. Umwandlung und Umnutzung – Die Mobilitätswende planerisch gestalten

Der ÖPNV im Innenstadtbereich muss ausgebaut werden. Die Verbindungsfrequenz im ländlichen Raum muss im Zusammenhang mit der Verbesserung der Fahrradstreckenqualitäten erhöht werden. Die Umwandlung der urbanen Mobilität führt parallel zur möglichen Umnutzung von Flächenreservoirs wie PKW-Stellplätzen zu Grünflächen oder zur Nachverdichtung.

8. Voneinander lernen, alle mitnehmen – Lehre und Ausbildung müssen neu gestaltet werden

AbsolventInnen der Universitäten, Hochschulen und Betriebe müssen am klimagerechten Planen und Bauen beteiligt und für diese Aufgaben geschult werden. Es müssen Fachbereiche mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit an Hochschulen und Lehrstätten etabliert und gelebt werden. Die Fortbildungspflichten der Kammern und die Fortbildungen durch Verbände sollen sich zu mindestens 50 % mit nachhaltiger Planung befassen.

9. Nachhaltig kalkuliert – Wirtschaftlichkeit muss mitgedacht werden

Alle Prozesse zur Nachhaltigkeit müssen sich auch wirtschaftlich abbilden lassen. Wirtschaftlichkeit muss lebenszyklusübergreifend betrachtet und die Vermeidung der Folgeschäden des Klimawandels mitkalkuliert werden. Der fertige Bau darf nicht mehr als Ziel eines Prozesses betrachtet werden, sondern der Bau mitsamt seiner Lebenszeit und seines Ablebens bis zur möglichen Wiederverwertung.

10. Die Klammer der Gesellschaft – Klimaschutz bedeutet auch soziale Nachhaltigkeit

Klimaschutz bedeutet Nachhaltigkeit auf allen Ebenen. Neben der technischen, ökologischen und ökonomischen gilt das auch für die soziale Ebene. Suffizienz und Reduktion sollten als positives und treibendes Merkmal für die Zukunft genutzt werden. Der ökologische Umbau darf zu keiner Vertiefung der sozialen Gräben in der Gesellschaft führen.

Im Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e. V. BDB sind 9000 ArchitektInnen und IngenieurInnen des Bauwesens organisiert – Freiberufler, Angestellte, Beamte, unternehmerisch tätige PlanerInnen, baugewerbliche UnternehmerInnen sowie StudentInnen der Fachbereiche Architektur und Bauingenieurwesen.

Download des umfangreichen KLIMAbauPlans unten.

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