Wettbewerb entschieden: Kunstmuseum Bern

Siegerprojekt von Schmidlin Architekten, Zürich/Engadin im Architekturwettbewerb Kunstmuseum Bern sieht einen markanten Neubau mit Museumsplatz vor

Das Büro Schmidlin Architekten (Zürich und Engadin) gewinnt den internationalen Wettbewerb für die Erneuerung und Erweiterung des Kunstmuseum Bern. Jurypräsident Thomas Hasler lobt die „selbstbewusste architektonische Sprache“ des freistehenden Neubaus, der sich gut in das UNESCO-Weltkulturerbe einfügt, und die „klaren Mehrwerte“ für die Stadt. Rund um einen Museumsplatz entsteht ein überzeugendes Gebäudeensemble, das sich zur Hodlerstrasse und zum Aarehang öffnet. Das Kunstmuseum wird zum lebendigen, mit dem öffentlichen Raum verbundenen Ort des Austauschs und der Begegnung.

Gewinnerprojekt „EIGER“. Blick in den Ausstellungssaal UG
Rendering: Schmidlin Architekten

Gewinnerprojekt „EIGER“. Blick in den Ausstellungssaal UG
Rendering: Schmidlin Architekten
Das Siegerprojekt „Eiger“ sieht als Ersatz für den stark sanierungsbedürftigen Erweiterungsbau von 1984 einen freistehenden Neubau vor, der mit seiner zeitlosen Erscheinung für Beständigkeit steht; vor dem Gebäude ist ein attraktiver Museumsplatz geplant. Jurypräsident Thomas Hasler, u.a. Professor am Institut für Architektur und Entwerfen der TU Wien, begründet den Entscheid des Preisgerichts so: „Das Siegerprojekt besticht durch seine städtebauliche Setzung im UNESCO-Perimeter und seine moderne, selbstbewusste architektonische Sprache. Die Klarheit des Neubaus als Solitär, der den Stettlerbau von 1879 vollständig freistellt, und der Einbezug des Gebäudes an der Hodlerstraße 6 in das Ensemble überzeugen. Mit seiner Platzbildung an der Hodlerstraße und der Öffnung des Aarehangs schafft das Projekt klare Mehrwerte für die Stadt und gibt dem Kunstmuseum Bern eine attraktive, einladende Adresse.“

Gewinnerprojekt „EIGER“. Blick vom Waisenhaus
Rendering: Schmidlin Architekten

Gewinnerprojekt „EIGER“. Blick vom Waisenhaus
Rendering: Schmidlin Architekten

Der im Juli 2022 gestartete internationale Architekturwettbewerb wurde in einem zweistufigen Verfahren mit vorgängiger Präqualifikation durchgeführt. Um die Teilnahme bewarben sich 148 Teams, 39 wurden von der breitabgestützten Fach- und Sachjury ausgewählt und 11 davon später eingeladen, ihren Projektvorschlag weiter zu bearbeiten. Mit drei Teams folgte eine Bereinigungsstufe. Gewonnen hat das junge und innovative Büro Schmidlin Architekten (Zürich und Engadin), das u.a. für das Muzeum Susch (Graubünden) die Auszeichnung „Bau des Jahres 2019“ von Swiss Architects gewann.

Gewinnerprojekt „EIGER“. Blick von der Genfergasse
Rendering: Schmidlin Architekten

Gewinnerprojekt „EIGER“. Blick von der Genfergasse
Rendering: Schmidlin Architekten

Zukunftsfähigkeit des Kunstmuseums sicherstellen

Der durchgeführte Architekturwettbewerb fusst aufdem Grundkonzept „Zukunft Kunstmuseum Bern“, das 2021 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die wesentlichen Elemente sind die Ausweitung der Denkzone aufdas Gebäudeensemble mit dem historischen Stettlerbau, dem Atelier 5-Bau und dem Gebäude Hodlerstraße 6, sowie die Aufwertung der Hodlerstrasse mit neuem Verkehrsregime und Verschiebung der Ausfahrt des Metro-Parkings. Das Wettbewerbsprogramm stellte nicht die Flächenmaximierung, sondern – neben vielfältigen Rahmenbedingungen – vom Kulturgüterschutz, über die Nachhaltigkeit bis zu denkmalpflegerischen Vorgaben - die Bedürfnisse der Gesellschaft ins Zentrum.

Gewinnerprojekt „EIGER“. Blick von der Lorrainebrücke
Rendering: Schmidlin Architekten

Gewinnerprojekt „EIGER“. Blick von der Lorrainebrücke
Rendering: Schmidlin Architekten

Das Siegerprojekt ermöglicht durch neue Raumqualitäten Ausstellungen, die bisher im Kunstmuseum nicht realisierbar waren. Zudem nimmt die Ausstellungsfläche moderat um ca. 500 m2 zu. Auch die Kunstvermittlung erhält großzügige neue Räume mit eigenem Zugang zur neu geschaffenen Aareterrasse. Nichtkommerzielle Aufenthaltszonen und ein moderner, multifunktional nutzbarer Veranstaltungsraum machen das Museum zum inklusiven, öffentlichen Ort der Begegnung und des Austauschs. Dank deutlicher Optimierung und Vereinfachung der Kunst- und Warenlogistik wird der Betrieb markant effizienter und die Betriebskosten bleiben trotz grösserer Ausstellungsfläche stabil.

Gewinnerprojekt „EIGER“. Aareterrasse
Rendering: Schmidlin Architekten

Gewinnerprojekt „EIGER“. Aareterrasse
Rendering: Schmidlin Architekten

Das Siegerprojekt wird nun weiterbearbeitet. Dabei soll etwa abgeklärt werden, wie weit sich der Stettlerbau im Innern verändern lässt. Die Konkretisierung findet in Zusammenarbeit mit der städtischen Denkmalpflege statt, die mit Denkmalpfleger Jean-Daniel Gross in der Jury vertreten war. Aus Sicht der Denkmalpflege ist das Projekt grundsätzlich genehmigungsfähig und steht im Einklang mit dem Status der Berner Altstadt als UNESCO-Weltkulturerbe.

Ein Drittel private Mittel

Die Museumserneuerung ist auch in seiner Finanzierung ein Gemeinschaftswerk: Die Finanzierung soll durch die öffentliche Hand, private Mäzene und Stiftungen sowie durch die Wirtschaft erfolgen. Die Gesamtkosten für die Sanierung des Stettlerbaus, der Hodlerstraße 6 und für den Ersatzneubau belaufen sich aufrund 147 Mio. Franken. Darin enthalten ist die bis zur Eröffnung im Jahr 2033 erwartete Bauteuerung von ca. 27 Mio. Franken.

Gewinnerprojekt „EIGER“. Foyer
Rendering: Schmidlin Architekten

Gewinnerprojekt „EIGER“. Foyer
Rendering: Schmidlin Architekten

Die Kosten für den Erweiterungsbau betragen ca. 99 Mio. Franken (inkl. Teuerung) und entsprechen nach wie vor den teuerungsbereinigten Grundlagen von 2019. Unverändert will die Stiftung Kunstmuseum Bern mit Unterstützung von Hansjörg Wyss, Vorsitzender der Wyss Foundation, der Wirtschaft, Stiftungen, Privaten und der Burgergemeinde Bern die Hälfte der Kosten des Ersatzneubaus übernehmen, während dem Kanton Bern ein Gesuch um Finanzierung der restlichen Kosten Ersatzneubau, Sanierung Stettlerbau, Sanierung Hodlerstraße 6 und Übernahme der Teuerung gestellt werden soll.

Gewinnerprojekt „EIGER“. Blick in den Ausstellungsraum im OG
Rendering: Schmidlin Architekten

Gewinnerprojekt „EIGER“. Blick in den Ausstellungsraum im OG
Rendering: Schmidlin Architekten

Die Stiftung Kunstmuseum Bern will sich für ihren Anteil von 52 Millionen Franken engagieren, wovon Hansjörg Wyss mit seinem großzügigen Engagement von 30 Mio. ein Grossteil übernimmt. Nachdem der Architekturwettbewerb abgeschlossen ist, können nun die Verhandlungen mit Geldgeber:innen konkretisiert werden. Bereits haben viele Vorgespräche stattgefunden. Privatpersonen, Stiftungen und Unternehmen haben Unterstützung in Aussicht gestellt.

Gewinnerprojekt „EIGER“. Oberlichtsaal 3. OG
Rendering: Schmidlin Architekten

Gewinnerprojekt „EIGER“. Oberlichtsaal 3. OG
Rendering: Schmidlin Architekten

Dem Kanton Bern wird beantragt, die Kosten für die Sanierung des Stettlerbaus und der Liegenschaft Hodlerstraße 6 zu übernehmen und sich anteilmässig am Ersatzneubau zu beteiligen. Die Sanierung des Stettlerbaus ist unabhängig vom Projekt „Zukunft Kunstmuseum Bern“ nötig. An den Neubau wiederum soll der Kanton nur so viel bezahlen, wie die Sanierung des Erweiterungsbaus von 1984 kosten würde. Zudem wird dem Kanton beantragt, das Teuerungsrisiko zu übernehmen. Die beantragten Gesamtkosten für den Kanton würden sich somit auf95 Mio. Franken belaufen. Im Grundkonzept „Zukunft Kunstmuseum Bern“ wurde anstelle des Ersatzneubaus auch eine Sanierungsvariante entwickelt. Teuerungsbedingt müsste dafür mit hohen Kosten von rund 75 Mio. gerechnet werden, ohne Mehrwerte zu erzielen und ohne die Möglichkeit, Drittmittel in der Höhe von 50 Mio. Franken für das Kunstmuseum Bern zu gewinnen.

Gewinnerprojekt „EIGER“. Modellansicht
Foto: „Bildkultur“ - Markus Mühlheim

Gewinnerprojekt „EIGER“. Modellansicht
Foto: „Bildkultur“ - Markus Mühlheim

Die nächsten Schritte

Voraussichtlich im Herbst 2025 entscheidet der Grosse Rat (Kantonsparlament) über den Projektierungskredit für die Erneuerung und Erweiterung des Kunstmuseums. Danach ist die Detailplanung vorgesehen. Wird der Projektierungskredit vom Regierungsrat und Grossen Rat gutgeheissen, entscheiden die beiden Räte 2028/2029 über den Realisierungskredit. Bei einem Ja wird das Kunstmuseum Bern in den Jahren 2029 bis 2033 saniert und erweitert und Ende 2033 wiedereröffnet. Während der Schliessung des Museums im Zuge der Bauarbeiten sind in den Jahren 2029 bis 2033 Ausstellungen und Koproduktionen mit einer Reihe von Kunsthäusern im Kanton Bern angedacht.

Architekturwettbewerb „Zukunft Kunstmuseum Bern“

Fachjury:

Sibylle Aubort Raderschall
Elisabeth Boesch
Tina Gregorič
Jean-Daniel Gross
Thomas Hasler
Anna Jessen
Boris Podrecca
Annabelle Selldorf
Peter Zumthor

Sachjury:

Alfons Bichsel
Jonathan Gimmel
Alec von Graffenried
Marieke Kruit
Benjamin Marti
Alex Wassmer
Hansjörg Wyss
Nina Zimmer

 

Weitere Informationen auf der Projektwebseite kunstmuseumbern.ch/de/zukunft

Gewinnerarchitekten:

schmidlinarchitekten.ch

Ausstellung

„Zukunft Kunstmuseum Bern. Der Architekturwettbewerb“

Vom 23. August bis 24. November 2024 zeigt das Kunstmuseum Bern das Siegerprojekt und alle 39 Wettbewerbsprojekte. Der Eintritt ist frei.
Vernissage: Donnerstag, 22. August 2024, 18.30 Uhr

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