Bauen für Pisa
Konjunkturpaket II schafft neue Bauaufgaben
Trotz Krise spricht derzeit alles für eine gute Ausgangslage für Architekten: Das Konjunkturpaket II setzt 50 Mrd. an Mitteln frei, die Kommunen und Unternehmer, und damit auch Architekten, Ingenieure und Bauunternehmer, nutzen können.
Der Bausektor wird vom so genannten Zukunftsinvestitionsgesetz aus dem Konjunkturpaket II bis mindestens Ende 2010 besonders profitieren. Denn rund 13,3 Mrd. € fließen als Investitionspaket direkt in Baumaßnahmen. Auch kleinere Architektur-Büros mit wenigen Mitarbeitern und geringen Rücklagen haben durch die veränderten Vergaberegeln, überschaubare Projektzeiten, vereinfachte Bauanträge und die schnellere Umsetzung und Abrechnung der Baumaßnahmen gute Chancen zur Sicherung der Büroexistenz.
Gegen Wirtschafts- und Bildungskrise
Das Investitionspaket zielt gleichzeitig auf die Beseitigung zweier Problembereiche. Zum Einen soll die deutsche Bauwirtschaft Unterstützung erfahren, zum Anderen ist das in die Kritik geratene Bildungssystem zu verbessern. Allein 6,5 Mrd. € des Fördertopfes fließen in Sanierungsmaßnahmen im Bildungsbereich. Diese Summe erscheint zunächst groß, sie steht aber nach Ansicht des Deutschen Instituts für Urbanistik (DIfU) einem Investitionsrückstau bei Bildungseinrichtungen von 78,5 Mrd. € gegenüber. So ergeben sich hier auch langfristig viele Bauaufgaben, die Architekten ein zukunftsträchtiges Arbeitsfeld bieten.
Gefordert und gefördert sind Neu-, Um- und Erweiterungsbauten bei Schulen, Universitäten und Kindertagesstätten. Thematisch knüpft die Bundesregierung an das CO2-Gebäudesanierungsprogramm an. Sie fordert für alle Schulsanierungen eine deutliche energetische Verbesserung. Als Maßstab hierfür gilt spätestens ab Oktober 2009 die modifizierte EnEV 2009.
Abbau von Bürokratie
Die Vergabe der Fördergelder regeln die Länder unterschiedlich. Klar ist aber, bis Ende 2010 müssen die Fördergelder investiert sein. Wer einmal für öffentliche Bauherren tätig war, wird angesichts dieser kurzen Zeit mit Sorge auf die Ausschreibungs- und Vergabefristen schauen. Deshalb hat die Bundesregierung die Vorgaben der VOL und VOB für Aufträge des Bundes angepasst, um das Geld schnell in die Projekte leiten zu können. Sie modifizierte die Schwellenwerte für die Auftragsvergabe – bis Ende 2010 können Auftraggeber sowohl Bau- und Dienstleistungen des Bundes bis zu einem Auftragsvolumen von 100 000 € freihändig vergeben und beschränkt ausschreiben. Bauleistungen mit einem Umfang bis zu 1 Mio. € können sie beschränkt ausschreiben. Ab 5 Mio. € gilt weiterhin die Pflicht einer europaweiten Ausschreibung.
Außerdem setzte die Bundesregierung für sogenannte „kleine Baumaßnahmen“ das maximale Bauvolumen von 1 Mio. auf 5 Mio. € hoch. Für diese „kleinen Baumaßnahmen“ gelten vereinfachte und Zeit sparende Nachweise für den Bauantrag: Einfache Entwurfszeichnungen und eine vereinfachte Kostenplanung reichen für die Baugenehmigung aus. Außerdem verkürzt die Regierung auch die Vergabefristen. So schrumpft die Frist für die Teilnahmeanträge von 37 auf 10 Tage und zur Angebotsabgabe von 40 auf 10 Tage. Erhalten bleibt die Stillhaltefrist von 10 Tagen. Insgesamt braucht die Auftragsvergabe dann also nur 30 statt wie bisher 87 Tage, sofern die Bauämter dem auch personell gewachsen sind und Anträge schnell bearbeiten können. Das verkürzte Vergabeverfahren gilt – ausdrücklich als Maßnahme gegen die Krise – befristet für zwei Jahre.
Bauaufgaben suchen
Da die Rahmenbedingungen vor allem kleineren Baumaßnahmen, Teilsanierungen und Erweiterungen zugute kommen sollen, verteilt sich das Fördergeld kleinteilig auf unterschiedliche Projekte. Es lohnt sich für Architekturbüros, aktiv nach Sanierungsmaßnahmen zu suchen und förderfähige Konzepte vorzulegen. Sofern öffentliche Baumaßnahmen klein sind und das Planerhonorar deshalb unterhalb des EU-Schwellenwertes für Ausschreibungen liegt, haben hier erstmals nun auch kleine Architekturbüros gute Chancen. Aber auch bei Honorarvolumen über dem EU-Schwellenwert haben Architekten mit überzeugenden Konzepten die Möglichkeit für eine Beauftragung. Die Beratungskompetenz der Architekten und Bauingenieure spielt dabei eine immer wichtigere Rolle, auch bei der Materialwahl. Laut TNS Emnid-Studie aus dem jahr 2008 beraten 85 % der Architekten zu Material, Systemen und Marken und treffen sogar in vielen Fällen die finale Entscheidung.
Energetische Sanierung von Schulen
Ab Oktober 2009 orientieren sich die Anforderungen der Sanierungsmaßnahmen aus dem Konjunkturpaket II selbstverständlich an der EnEV 2009. Diese hat das Ziel einer weiteren Verringerung des Primärenergiebedarfes um ca. 30 % und der Transmissionswärmeverluste um ca. 15 %. Da in einer Neuauflage der EnEV im Jahr 2012 der zulässige Primärenergiebedarf noch einmal um 30 % sinken soll, spricht einiges für Konzepte, die das Ziel von 2012 schon jetzt berücksichtigen. Den größten energetischen Sanierungsbedarf haben Schulgebäude aus den 50er Jahren. Laut Bine Informationsdienst könnte man hier durch bauliche Maßnahmen rund 50% des Energiebedarfs einsparen; das ergäbe eine Reduzierung der Energiekosten um bis zu 6 €/m². Relevante Faktoren bei der energetischen Schulsanierung sind folgende:
Die erste Priorität nimmt die Überprüfung der Wärmedämmung des gesamten Gebäudes ein. Auf dem Prüfstand stehen Dach, Wände und Fenster. Bei älteren Gebäuden entspricht die Wärmedämmung des Daches selten den Vorgaben der EnEV. Im Zuge der Erneuerung der Wärmedämmung wird meist auch die Abdichtung des Daches erneuert (Warmdach/Umkehrdach). Bei der Wahl der Materialien sollte im Sinne der Nachhaltigkeit natürlich auf Hochwertigkeit und Langlebigkeit geachtet werden. Bei einem hochwertigen Dachaufbau besteht auch nachträglich noch die Möglichkeit, z. B. eine Photovoltaikanlage zu installieren und weitere Durchdringungen einzufügen, hier ist die Beratungsleistung des Architekten gefragt.
An zweiter Stelle steht die Überprüfung des Heizsystems, denn auch hier sind enorme Einsparungen möglich. Moderne Heizungsanlagen verbrauchen weniger Energie und bieten Kombinationsmöglichkeit mit alternativen Energiequellen, wie z.B. die oben genannte PV-Anlage auf dem Dach. Als nächstes steht das Lüftungssystem auf dem Prüfstand. Gerade im Schulbetrieb lohnt sich der Einbau einer Lüftungsanlage bzw. von Lüftungsampeln für eine manuelle Lüftung. Dies minimiert Energieverluste und stellt eine gleichbleibend gute Raumluftqualität sicher.
Abschließend sollte die Optimierung der Lichtsteuerung unter Berücksichtigung des nutzbaren Tageslichtanteils auf dem Plan stehen, denn auch hier lässt sich der Energieverbrauch spürbar senken.
Resümee
Architekten stehen inzwischen zahlreiche sowohl gestalterisch als auch technisch gelungene Schulsanierungen und Referenzbeispiele zur Verfügung. Bei einigen Projekten ging man weit über die Fördermaßnahmen des Konjunkturpaketes II hinaus.
Die Bauindustrie sieht inzwischen einer langfristig positiven Marktentwicklung entgegen: Die ersten Branchenmeldungen über leicht positive Marktzahlen zeigen, dass das Konjunkturpaket greift. Aber auch nach der Krise wird es viele Bauaufgaben für die Planer geben, die sich mit zukunftsfähigen Lernräumen, Energieeffizienz und nachhaltigem Bauen auseinandersetzen. Dieses Thema gilt es weiter zu bearbeiten.
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