Das „Crown“ in Düsseldorf ist nicht die Krone geworden
Das Crown ist zwar mit etlichen Preisen ausgezeichnet worden, dennoch fehlt dem Gebäudekomplex die Verbindung in den Stadtraum, die ein solches Gebäude benötigt, um ein lebendiger Stadtbaustein zu werden.
Die Liste der Auszeichnungen ist länger, ein paar sind dabei, die durchaus etwas mit Architektur und Städtebau zu tun haben. So wurde das „CROWN“, eine komplette Blocküberbauung im Herzen Düsseldorfs mit Lebensmittelmarkt, Büro, Hotel und Parkgarage 2018 mit dem German Design Award („Special Mention”) wie im gleichen Jahr mit dem FIABCI Prix d’Excellence (Official Selection) ausgezeichnet bzw. stand offenbar kurz davor. Immerhin erhielt der ehemalige Horten-Komplex an der Berliner Allee / Graf-Adolf-Straße noch die Auszeichnung des Europäischen Innovationspreis Handel des German Council of Shopping Centers e.V. (GCSC), aber auch den
„polis Award“ (1. Preis) in der Kategorie „Reaktivierte Zentren“.
Vor einem Jahr schon eröffnete der Komplex neu, er sollte das alte Kaufhof-Gebäude ersetzen und das vor sich hin dümpelnde Kaufhausgeschäft durch neue Konzepte revitalisieren. Neu erfinden, könnte man auch sagen. Und weil das bei Horten noch unter Mitwirkung des RKW-Gründers
Helmut Rhode in den 1950er-Jahren entwickelt worden war, wurde die Neukonzeptionierung wieder den Düsseldorfern überlassen. RKW Architektur + übernahmen und setzten ihren Entwurf um, der mehrere horizontal angeordnete Nutzungen von Fachmarkthandel über Gastronomie, Parken bis hin zu einem Drei-Sterne-Cityhotel in sich vereint.
Das ursprüngliche Horten war ganz dem damaligen Zeitgeist einer autofreundlichen Umwelt angepasst: Über den Verkaufsebenen waren etliche Parkflächen gestapelt, die teils durch eine offene Rampenlandschaft verbunden wurden und die den Verkehrsfluss innerhalb des überbauten Areals sichtbar machte. Einkaufen bedeutete damals, den Konsumenten bis an den Verkaufstisch heranfahren zu lassen, damit er oder sie das Gekaufte gleich in den Kofferraum einladen konnte. Das, so sollte man glauben, sei gestern gewesen, wer heute noch einkauft, macht das über das Internet und lässt sich die Ware nach Hause liefern. Oder?
Nein, so geht das heute nicht mehr, sollte man denken. Aber Bauherr und Architekten sehen das anders und realisierten auf drei Ebenen über dem Lebensmittelmarkt wieder die Parkflächen; für immerhin 500 PKW: „Schließlich ist der PKW für den Menschen weiterhin der größte Einkaufskorb. Wir mussten an den hohen Warenumschlag im Hause denken“, so Dieter Schmoll, Geschäftsführender Gesellschafter von RKW Architektur +. Über den Parkdecks dann das Hotel, das sich hinter einer fast schon belanglos indifferenten Gewerbefassade versteckt. Man weiß gar nicht so genau, ob hier nicht auch Lagerflächen oder die immer als störend empfundenen Dachaufbauten für die Technikinstallation hinter einer Schaufassade versteckt werden. „Die große Herausforderung [des Umbaus, Be. K.] lag in der Geschichte von RKW.“ So Dieter Schmoll. Und weiter: „Das Horten-Gebäude wurde damals von unserem Bürogründer Helmut Rhode gebaut. Wie also ein eigenes Haus, das in die Jahre gekommen ist, adäquat transformieren? Und zwar so, dass das alte weiterlebt und trotzdem eine neue Ära entsteht? Und wie belebt man einen innenstädtischen Standort in der Post-Warenhaus-Ära?“ Indem man hier das macht, was wesentlich für ein Quartier und den anliegenden Stadtraum ist: man bietet Platz für einen großen Lebensmittelmarkt. Der im Crown ist mit 12 000 m² Verkaufsfläche riesig geworden und spricht auch die an, die auf den rund 700 m² Gastrofläche gerne Schampus frühstücken und den Blick über frische Austern wandern lassen. Aber auch die, die günstige Lebensmittel in den größten Einkaufskorb schleppen, den sie oberhalb geparkt haben. Das Hotel mit Innenhof über den Parkdecks dient weniger dem Quartier als vielmehr der Querfinanzierung des Investors, der Kölnische Haus- und Grundstücksverwaltung Dr. Koerfer GmbH & Co. KG, die pikanterweise ihren Sitz in Köln hat. Und die von Anbeginn an Eigentümerin der Immobilie ist, die sie noch bis vor wenigen Jahren an Kaufhof vermietet hatte. Der verbarg sich bis zum Umbau noch hinter der für die Horten-Kette typischen Wabenfassade (bestehend aus der sogenannten „Horten-Kachel“ aus Keramik oder Aluminium), deren Elemente in ein paar hundert Exemplaren von Künstlern und Fans gerettet werden konnten.
Ursprünglich wollte die Eigentümerin hier mehr. Mit „The Rock“ sollte die Durchmischung der Nutzungen tiefgreifender umgesetzt werden, sollten Veranstaltungsräume die Verkaufsflächen ergänzen und damit auch mindern. Der Plan ging nicht auf, die Verhandlungen mit unterschiedlichen Partnern zogen sich in die Länge, der Investor zog die Notbremse.
Ob mit dem großflächigen Lebensmittelangebot, einem Parkhaus und einem Hotel ein ganzer Block im Herzen der Landeshauptstadt vitalisiert werden konnte? Eher nicht, die Blockränder sind unbelebte, ca. 80 bis 120 m lange Bürgersteige, die von Verkehr einerseits und geschlossenen oder spiegelnden, eher dunklen Fassadenteilen begleitet werden. Nach außen wirkt der Neubau geschlossen, eine diagonale Querung (Passage) wäre möglich gewesen, die stärkere Öffnung des Erdgeschosses über zahlreiche Übergangsräume, kleine Läden, Straßencafés etc. wünschenswert. So hockt ein mächtiges Volumen im Stadtraum, das Reminiszenz und Neuanfang sein möchte, mit seinen Parkdecks hinter Metallblechen beides aber verfehlt. Wollen wir warten bis zum nächsten Umbau? Wir werden müssen. Be. K.