Der Himmel über Unna ist schön
Eine Ausstellung und ein Licht-/Raumwahrnehmungsapparat zeigen uns den Meister, James Turrell

Wer sich dem Nordamerikaner James Turrell persönlich nähern möchte, sollte das auf Umwegen machen. Am leichtesten erreicht man ihn über Sphärenwege, also immaterielle Brücken aus Licht und Lichtahnung. Ansonsten wird es schwer bis unmöglich, der Mann aus Flagstaff/Arizona, ist vielgebucht. Das liegt zum einen an der Einmaligkeit und dem suggestiven Wirken seines lichtkünstlerischen Schaffens, zum anderen an der Zielsetzung des Künstlers, profitablen Umsatz zu machen. Denn die vielen vielen Auftragsarbeiten, bei denen Turrell auch mit Architekten zusammen arbeitet, sollen ihm das größte Werk finanzieren, das nach Jahrzehnten bald und bis heute auf seine Fertigstellung in der Wüste Arizonas wartet. Der Roden Crater, ehemaliger Vulkankrater und heute schon gigantisches Lichtobservatorium, verschlingt jede Menge Bares. Die Kultstätte für Architekten, Künstler, und sicher auch andere Jünger des Lichts muss ja nicht nur aufwändig gebaut, sie muss auch im rauen Wüstenklima mit seinen extremen Temperaturschwankungen in Stand gehalten werden.

Der Roden Crater ist weit weg, die großen Retrospektiven zum Werk längst abgebaut, neue noch nicht am Horizont ausmachbar.
Da erscheint es wie ein Glücksfall, wenn man Arbeiten von Turrell aktuell im Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna anschauen, erleben kann. Und mehr noch, Ende Januar wurde auf dem Museumsgelände die bundes­weit erste Außenarbeit fertiggestellt. „Third Breath, 2005“ nennt sich der fast 14 m hohe, von außen wenig spektakuläre Wahrnehmungsraum aus Sichtbeton, der auf zwei Ebenen dem Thema Licht wortwörtlich Raum gibt: Im Untergeschoss, das gleichzeitig auch der über einen Tunnel angebundene Eingang ist, wird über eine Präzisionslinse das Himmelsbild wie in einer Camera Obscura hier allerdings auf hochglanzpolierten Marmorboden projiziert. In dem Raum darüber hat Turrell einen seiner „Skyspace“ installiert, ein Miniatur-Pantheon, das mittels farbpsychologischer Erkenntnisse und deren Anwendung (indirektes, die Farbtemperatur wechselndes Licht um die Himmelsöffnung) neue Lichtfarben- und Raumerlebnisse möglich macht.

Im Museumsbau selbst wird beispielsweise ein interaktiv animiertes Modell des Roden Crater gezeigt, das dessen Dimensionen und die einzelnen Wahrnehmungsräume erfahrbar macht. Eigens für die Ausstellung
rekonstruiert wird der Wahrnehmungsraum „Alien Exam“ aus der Werkreihe „Perception Cell“, eine Arbeit, die bisher überhaupt erst einmal, 1992 anlässlich der Turrell-Ausstellung in Düsseldorf gezeigt wurde. Darüber hinaus verdeutlichen exemplarische Werke die Verbindung von Licht und Raum, durch die James Turrell der Kunst der Gegenwart neue Dimensionen der Wahrnehmung zwischen Realität und Virtualität erschlossen hat. Die jüngste Entwicklung des Künstlers ist durch eine Arbeit aus der Serie „Tall Glasses“ präsent. Das großformatige Licht-Bild aus geäztem Glas ist eine Leihgabe der Zumtobel Licht GmbH aus Lemgo. Einen dritten Atem braucht der Besucher in Unna nicht, er sollte statt dessen viel Zeit mitbringen. Be. K.

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