Furioses Erzählen
Das steht ganz am Anfang eines dann folgenden, furiosen Textflusses durch Geschichte, Geschichts- und Philosophie-reflexion: „Los Angeles ist die falsche Stadt.“ Ja, wie nun, kann eine Stadt eine falsche sein? Bezogen auf ihr Selbstbild? Auf die Unterstellungen, die man ihr seit jeher macht? Und dann geht es gleich los und mitten hinein in einen Moderne-Versuch, der – und das muss man gleich sagen – sich selbst zum Scheitern verurteilt. Gut 500 Seiten Exklamation, rhetorische Fragen und präzise Antworten, Exkurse und Rückgriffe auf Exkurse. Das Lesen der von einigen zig Seiten Fotografien am Anfang und Ende gerahmten Thesen und Gegenthesen, der ganze, auf Dialektik aufgebaute Versuch einer Blickschärfung misslingt am Ende; weil am Anfang und nirgends später überhaupt einmal geklärt ist, was denn die Moderne überhaupt sei.
Auch wird nicht recht klar, wie der Autor die Moderne selbst sieht, als Kritker, Verehrer, als Feuilletonist? Letzteres scheint der Fall zu sein, denn Koelbl arbeitet sich sprachlich, journalis-tisch auf hohem Niveau durch das, was Gründung der Moderne in den USA im Gegensatz zu Europa sein könnte. Er sieht Absichten und Konfrontationen, passives Erleiden und elitäres Vorangehen. Und führt Begriffe ein, die erstaunen, neugierig machen; aber finden sie sich im Moderne-Diskurs?
Vielleicht sieht sich der Autor als „Selbstdenkender“, den er bei Kant ausfindig machte; wie er überhaupt Kant als Instanz recht häufig den eigenen Perspektiven zugrunde legt, um von diesen aus loszufliegen in einen kaum umgrenzt scheinenden Sprachbilderraum. Was machen mit einer solchen Schrift? Auf jeden Fall: lesen! Sich treiben lassen durch die kenntnisreiche Darstellung einer Stadt (L.A.), vorbei an Personen und Persönlichkeiten, immer mit irgendwelchen Horrorvorstellungen, Peinlichkeiten und natürlich dem Scheitern konfroniert, das der Moderne, aber auch das dieses gewaltigen Anlaufs, der sich am Ende in alle Ecken des eigenen Denkens zu verkrümeln scheint. Endzeit? Am Ende dieser Wortgewalt auf jeden Fall. Aber auch Anfang, die Moderne mit anderem Anblicken anschauen zu können, wieder einmal. Be. K.