Rechtsprechung

Haftung für Baukostenüberschreitung

OLG Hamm, Beschluss vom 17.09.2020 - 17 U 75/19; BGH, Beschluss vom 04.08.2021 - VII ZR 166/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Es geht um eines der wohl häufigsten Probleme bei Bauprojekten. Der Bauherr beauftragt den Architekten mit der Planung eines Gebäudes. Dabei gibt er Baukosten vor, die bei der Planung einzuhalten sind. Die Herstellungskosten fallen dann höher aus. Der Bauherr nimmt den Architekten auf Schadensersatz in Höhe der Differenz in Anspruch.
 
Das Oberlandesgericht erteilt dem Bauherrn eine Absage. Bei dem Kostenlimit handele es sich zwar um eine Beschaffenheitsvereinbarung. Jedoch führe nicht jede Abweichung von den Zahlen der zugrundeliegenden Kostenermittlung zu einer Haftung. Bei einer Beschaffenheitsvereinbarung über die Baukosten sei eine Toleranzschwelle anzusetzen. Eine Haftung komme erst bei Überschreitung dieser Toleranzschwelle in Frage. Zudem müsse der Architekt die Kosten mangelhaft ermittelt haben. Welche Toleranzschwelle anzusetzen sei, könne nicht pauschal festgelegt werden. Es komme maßgeblich darauf an, welche Kostenermittlung für die Baukostenobergrenze zugrunde gelegt wurde. So solle dem Architekten regelmäßig eine Toleranz von 30 % bis 40 % bei der Kostenschätzung, 20 % bis 25 % bei der Kostenberechnung und 10 % bis 15 % bei dem Kostenanschlag zu gewähren sein. Demnach war die Toleranzschwelle von dem Architekten in diesem Fall noch eingehalten.
 
Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Es trifft zwar zu, dass bei den vorgenannten Kostenermittlungen je nach Leistungsphase Toleranzschwellen bei den ermittelten Zahlen beachtet werden müssen. Verpflichtet sich ein Architekt aber im Rahmen einer Beschaffenheitsvereinbarung zu einer fest definierten Baukostenobergrenze, gibt er dem Bauherrn damit zum Ausdruck, dass er die Baukosten ohne Toleranz in diesem Budget halten kann. Die Baukostenobergrenze hat für den Bauherrn den Sinn und Zweck, gerade diese Ungenauigkeiten in den frühen Kostenermittlungen einzugrenzen, um das Projekt finanziell planbar zu machen. Für eine Toleranzschwelle ist daher bei einer Beschaffenheitsvereinbarung grundsätzlich kein Raum, vgl. BGH, Urteil vom 13.02.2003 - VII ZR 395/01. Um diese Gefahr für Architekten zu umgehen, bedarf es einer konkreten Vertragsgestaltung, die eine starre Beschaffenheitsvereinbarung entsprechend aufweicht.

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