Infozentrale auf dem Vollgut
Im Rahmen des Seminars Building Cycle wurde im Wintersemester 2017/18 die Idee eines zirkulären Baus für nachhaltig orientierte Abläufe in der Bauindustrie konzipiert. Eine Gruppe von etwa 40 Studierenden der Architektur der Tu Berlin entwickelte ein ganzheitliches Konzept für ein Gebäude aus Abfallstoffen, das versucht Lösungen für viele Zukunftsfragen ressourcen-positiven Bauens in urbanen Räumen zu liefern. Für den Entwurf dieser Vision wurden selbstorganisierte Arbeitsgruppen gebildet, um einzelne thematische Schwerpunkte festzulegen, die in einem interdisziplinären Prozess ausgearbeitet wurden. In parallellaufenden Prozessen wurde am Material geforscht, kommuniziert und dokumentiert. Am Ende jeder Woche konnten die erarbeiteten Inhalte im Kollektiv zusammengebracht werden, um sie zu hinterfragen, zu diskutieren, zum Teil wieder zu verwerfen und weiterzudenken. Von Beginn an wuchs die Idee, das Projekt interdisziplinär und außerhalb des Unigeländes entstehen zu lassen. Es entwickelte sich ein großes Netzwerk an Beteiligten, die auf unterschiedliche Weise zur Realisierung beitragen konnten. Durch das Einbeziehen und die Zusammenarbeit mit Baustoffherstellern und Sponsoren wurde trotz ökonomischer Hindernisse auch die Verwendung von Baustoffen aus industrieller Wiederverwendung ermöglicht. Aus Gründen der leichten Verarbeitbarkeit und im Sinne einer reversiblen Struktur, die später eventuell an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden kann, wurde der Bau als Holzkonstruktion realisiert. Holz als elementares Rohmaterial zieht sich durch den gesamten Entwurf – sowohl im Innen- als auch im Außenraum.
Nischen in der Wand bilden innen und außen verschiedene Funktionsbereiche aus, die unterschiedlich genutzt werden können. So entsteht zusammen mit dem zentralen Hauptraum eine Varianz an Möglichkeiten den Raum zu bespielen und für diverse Veranstaltungen zu nutzen. Unter dem auskragenden Dach werden außen auf einem leicht angehobenen Plateau mehrere interaktive Attraktionen, wie eine Graffiti-Wand oder ein schwarzes Brett für die Nachbarschaft angeboten. Die Außenfläche stellt zudem einen Ort der Begegnung und des Aufenthalts insbesondere an warmen Tagen im Jahr dar. Mit dem Abschluss der Planungsphase Mitte Februar 2018 verlagerten sich die Arbeitsprozesse auf das Vollgut-Areal in Berlin Neukölln. Die fast 100 m2 große Trägerrostkonstruktion aus Altholz, aus einem rückgebauten Dachstuhl und der Rauminstallation Sammler‘s Traum von Raumlabor, wurde auf Bodenniveau montiert und anschließend mit Seilzügen unter Zuhilfenahme einer Gerüstkonstruktion in die Höhe befördert. Die Unterkonstruktion des Bodenaufbaus wurde mit Spänen gedämmt, die bei den Hobelarbeiten für die Aufarbeitung der Holzbalken anfielen.
Bei den Wänden wurde auf geschreddertes Papier und Zellulose als Dämmmaterial zurückgegriffen. Grundsätzlich bestehen die Wandmodule aus Pappkisten, die mit Plakaten verkleidet sind. Bei der Zusammensetzung der Wände wurde darauf Wert gelegt ein Material zu nutzen, welches im alltäglichen Gebrauch und somit auch als Massenware im Umlauf ist. Dabei haben sich Obstkisten als eine Ressource herausgestellt, die in großen Mengen leicht zu beschaffen ist, eine modulare Verarbeitung zulässt sowie trotz niedrigem Eigengewicht über eine hohe Formstabilität und Druckbeständigkeit verfügt. Für zusätzliche Stabilität und Witterungsbeständigkeit, werden die gestapelten Kisten mit übrig gebliebenen Werbeplakaten tapeziert. Alte Glasscheiben werden in eine simple Konstruktion aus Fahrradschläuchen und Holzrahmen gefasst und in verschiedenen Größen jeweils in Beziehung zu den einzelnen Nischen in die Außenhülle gesetzt. Von außen erscheint das Gebäude nun seit August 2018 als riesige Litfaßsäule, die als Infotafel und Orientierungshilfe für die BesucherInnen und NachbarInnen des Vollgut-Areals Einblick in die Geschichte und die Zukunft des Geländes und seiner Akteure geben soll. Als Raum für Alle soll die Vernetzung von Akteuren untereinander als auch mit der Nachbarschaft gefördert werden und ein Ort der Begegnung und des Verweilens entstehen. Darüber hinaus soll die Infozentrale zukünftig als Inspirationsquelle für weitere Ideen und Visionen zirkulärer Baukonzepte dienen. Das Gebäudekonzept als solches kann als reversible Struktur leicht auf andere Kontexte adaptiert und erweitert werden.
Das Projekt entstand als Kooperation des Natural Building Lab mit dem Fachgebiet TEK (Tragwerksentwurf und -konstruktion) und GtE (Gebäudetechnik und Entwerfen), re4 (EU Forschungsvorhaben), dem Vollgut, der TRNSFRM e.G. und Hütten und Paläste, des Geko Berlin, dem Zuhause e.V. und CRCLR Economy House.
Infozentrale auf dem Vollgut