Interview mit Kees van Casteren, Projektleiter „De Rotterdam“
„Wir haben mit unserem Entwurf versucht, ein zeitloses und modernes Gebäude zu schaffen.“ www.oma.eu
DBZ: Zwischen dem Auftrag und der Fertigstellung des Komplexes liegen 15 Jahre. Ist „De Rotterdam“ nicht eigentlich schon bei seiner Fertigstellung ein altes Gebäude, ein alter Entwurf?
Kees van Casteren: Wenn ich mir die anderen Hochhäuser ansehe, die bis jetzt auf dem Wilhelminapier gebaut worden sind, sei das nun das „World Port Center“, „Montevideo” oder „New Orleans“, finde ich gerade das Gegenteil. Wir haben mit unserem Entwurf versucht ein zeitloses und modernes Gebäude zu schaffen.
Außerdem haben wir den Komplex immer als vertikale Stadt präsentiert, was er auch tatsächlich ist. Darin liegt auch heute noch, 15 Jahre nach dem ersten Entwurf, seine Modernität und Einzigartigkeit.
DBZ: Warum die Dichte und warum drei Hochhäuser nebeneinander?
K.v.C.: Das Programm wuchs von 114.000 m² auf 160.000 m². Damit ist die Oberfläche unseres Projekts größer als die vom „Montevideo”, dem „World Port Center“ und dem „New Orleans“ Hochhaus zu-
sammen. Um zu verhindern, dass das Bauwerk zu einem massiven Klotz wird, haben wir einerseits die Grundrisse der einzelnen Türme zueinander verschoben und die Volumen in der Höhe von etwa 90 m verspringen lassen. Durch diese Versprünge verändert sich – je nach Blickwinkel – das Erscheinungsbild des Ensembles. Die Verschiebungen erzeugen außerdem interessante Blickbeziehungen und Durchblicke zwischen dem Wohn- und dem Büroturm, oder dem Büroturm und dem Hotel.
DBZ: Wie kam es zur Fassade?
K.v.C.: Beim alten Entwurf von 2001 hatten wir jeder Funktion eine spezifische Fassade zugeordnet, nach dem Grundsatz, dass unterschiedliche Programme unterschiedliche Fassaden verlangen.
Dadurch entstand ein patchworkartiges Gesamtbild, das dem „Montevideo” Turm nicht unähnlich war.
Bei der Überarbeitung des Entwurfs wollte Rem Koolhaas ein
einheitlichen Fassadenprinzip, das bei allen drei Programmen angewendet werden könnte. Er war davon überzeugt, dass nur eine neutrale, zeitlose Fassade, die die Vertikalität betont, die Masse des Komplexes optisch auflösen könne.
Hätten wir den Komplex 2001 gebaut, hätte er sicherlich anders ausgesehen. Das gesamte Projekt ist im Verhältnis zur ersten Variante sichtlich gereift und zeitloser geworden. Dieser Reifungsprozess ist im Allgemeinen das Schöne an der Architektur.
DBZ: Indirekt sagen Sie mit dieser Fassadengestaltung aber auch, dass Wohnen, Arbeiten und das Raumprogramm für ein Hotel im Grunde miteinander austauschbar sind und keine spezifischen Anforderungen haben.
K.v.C.: Das ist so nicht ganz richtig. Grundsätzlich wollten wir ein Fassadensystem, das für jedes Raumprogramm eine maximale natürliche Belichtung und eine größtmögliche Transparenz zulässt.
Wir wollten nach außen hin die Aktivitäten im Inneren sichtbar machen. Trotz der homogenen Fassade sehen die Detaillösungen bei den Wohnungen anders aus als bei den Büros. Das ergibt sich einerseits durch die unterschiedlichen Deckenhöhen und andererseits durch die unterschiedlichen Anforderungen an Bürofenster gegenüber Wohnungsfenster oder den Loggien der Wohnungen. Die Herausforderung bestand im Grunde darin, das Fassadensystem so
zu vereinfachen, dass es all diese Unterschiede aufnehmen kann.
DBZ: Welche Zielgruppe soll eigentlich mit den Wohnungen im Wohnturm angesprochen werden?
K.v.C.: Hauptsächlich junge Pärchen vielleicht mit einem Kind, oder ältere Ehepaare, die gerne in der Stadt wohnen wollen. Gegenüber dem Entwurf von 2001 haben wir übrigens auch die Wohnungen
entscheidend verkleinern müssen. Dadurch haben wir nun bis auf wenige Ausnahmen sieben Wohnungen pro Geschoss.
DBZ: Was war für Sie der schönste Moment?
K.v.C.: Als wir zu bauen begonnen haben. Als fest stand, dass wir
das Gebäude sicher realisieren werden. Das Bauvorhaben war von Anfang an, aufgrund seiner Größe und seines komplexen Programmes, ein sehr ambitioniertes Projekt und für den Bauherrn
mit vielen Risiken verbunden. Insofern haben wir auch das Gefühl, dass dieses Projekt das letzte dieser Größenordnung in den Niederlanden sein wird. Zwischen 2001 und 2006 gab es immer wieder
Momente, an denen wir an der Umsetzung gezweifelt hatten.