Kein Geld für Nichts!
(OLG Frankfurt, Urteil vom 7.4.2018 - 5 U 32/17 - BGH, Beschluss vom 23.1.2019 - VII ZR 99/18 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Es ist ratsam einen Architektenvertrag zu schließen. Rechtsanwälte Axel Wunschel und Jochen Mittenzwey erklären, wieso.
Die Überschrift klingt eigentlich logisch, will man meinen. Leistungen, die nicht erbracht wurden, müssen nicht bezahlt werden, schon gar nicht, wenn es noch nicht mal einen Architektenvertrag gibt. Im Detail gesehen, ist an der Überschrift aber einiges zu erklären. Für Auftragnehmer gibt es im deutschen Werkvertragsrecht – wozu auch die Architektenverträge zählen – einen Anspruch auf Kündigungsentschädigung. Hiernach kann der Werkunternehmer eine (Netto-)Entschädigung für die entgangene Vergütung, für die durch die Kündigung nicht mehr erbrachten Leistungen verlangen, vgl. § 648 S.2 und 3 BGB. Es gibt also durchaus einen Anspruch des Werkunternehmers auf „Geld für nicht erbrachte Leistungen“. Eine Voraussetzung für diesen Anspruch nach § 648 S.2 und S.3 BGB ist jedoch, dass der Werkunternehmer darlegen und im Zweifel auch beweisen muss, welche Leistungen noch offen geblieben und wie diese honorartechnisch zu bewerten sind. Dies gelingt in den meisten Fällen durch Vorlage des schriftlichen Architektenvertrags und eine entsprechende Berechnung der anteiligen Honorare für die jeweiligen Leistungen. Was ist aber, wenn es gar keinen schriftlichen Architektenvertrag gibt, der das Leistungssoll definiert und sich der Auftraggeber auf unentgeltliche Akquiseleistungen des Architekten beruft. Das ist nicht schön, kommt aber leider nicht selten vor. So hatte das OLG Frankfurt folgenden Sachverhalt zu entscheiden.
Auftraggeber und Architekt waren zunächst über einen Vertrag verbunden, wonach der Architekt im Rahmen der Akquisephase planerische Beiträge zu einer Planungsstudie für die Projektentwicklung erbringen sollte. Dem Architekt wurde eine weitere Beauftragung in Aussicht gestellt, wonach er stufenweise die Leistungsphasen 2 bis 4 und 5 bis 9 erbringen könnte. Ein derartiger Vertrag wurde zwischen den Parteien nur im Ansatz verhandelt. In der Folgezeit erbrachte der Architekt planerische Leistungen, die auch zur Erteilung der Baugenehmigung führten. Hiernach erfolgte jedoch der Planungsstopp durch den Auftraggeber. Der Auftraggeber kündigte später hilfsweise die Zusammenarbeit mit dem Architekten ordentlich und zusätzlich aus wichtigem Grund. Zu diesem Zeitpunkt waren Leistungen der Leistungsphasen 5 bis 9 weit überwiegend noch nicht erbracht worden. Der Architekt verlangte von dem Auftraggeber klageweise jedoch auch für diese nicht erbrachten Leistungen eine Kündigungsentschädigung nach § 648 BGB.
Das OLG Frankfurt wies dieses Ansinnen als unbegründet zurück. Der klagende Architekt konnte nicht nachweisen, dass er mit den Leistungsphasen 5 bis 9 beauftragt war. Auf eine Anscheinsvermutung für einen bestimmten Auftragsumfang könne sich der Architekt nicht berufen, schon gar nicht auf einen Vollarchitekturauftrag. Auch die HOAI könne hierfür nicht herangezogen werden. Die HOAI bilde nur das Preisrecht für Architekten und Ingenieursleistungen, regele aber nicht den beauftragten Leistungsinhalt für den Architekten. Ein Anscheinsbeweis scheide aus, da es gerade nicht typisch oder zwingend sei, dass ein Auftraggeber einen Architekten mit allen Leistungen einer Leistungsphase oder gar mit der Vollarchitektur beauftragt. Insoweit scheide auch das Bilden von Leistungsblöcken (z.B. Leistungsphasen 1 bis 4 und Leistungsphasen 5 bis 9) aus. Dies gelte selbst dann, wenn grundsätzlich eine Auftragserteilung unstreitig festgestellt wurde, aber streitig sei wie sich der konkrete Leistungsumfang darstellt. Gerade auch bei der in Streit stehenden Stufenbeauftragung fehle es an dem Nachweis des Abrufs der zweiten Leistungsstufe (Leistungsphase 5 bis 9). Auch die Erbringung von einzelnen Leistungen späterer Leistungsphasen könne nach dem Vorstehenden keinen Nachweis für die Beauftragung mit der gesamten Leistungsphase oder gar der vollständigen Leistungsstufe darstellen.
Der Architekt ging mit seiner Forderung im Ergebnis leer aus. Und was lehrt uns diese Geschichte? Schließe einen schriftlichen Vertrag oder arbeite lieber nicht!