Kultur mit Schwung
Kilden Performing Arts Center, Kristiansand/N

Die Entstehungsgeschichte von ALA Architects ist un­umgänglich mit dem Theater und Konzerthaus Kilden verbunden. Vier junge, kreative und engagierte finnische Architekten aus Helsinki konnten 2004 trotz eines Mangels an vergleichbaren Referenzen in ihrem Portfolio den internationalen Wettbewerb für das Veranstaltungsgebäude im norwegischen Kristiansand für sich entscheiden. Damit war ALA Architects offiziell geboren. Für das Vertrauen, das ihnen die öffentlichen Bauherrn damals entgegen brachten, sind sie heute noch dankbar.

Kristiansand – die Hauptstadt des sogenannten Sørlandet („Südland“) – ist eine Kommune in dem Fylke Vest-Agder und mit seinen knapp über 83 000 Einwohnern die sechstgrößte Stadt Norwegens. Das Theater und Konzerthaus Kilden, das ALA Architects in Zusammenarbeit mit ihren norwegischen Partnern SMS Architekten aus Kristiansand realisierten, wurde von der Stadt, der Region Südland und einem lokalen Kulturfond in Auftrag gegeben und finanziert.

Seine Lage direkt am Kai auf der Insel Odderøya im Süden Kristiansands, in einem der für die norwegische Küste typischen Meerbusen, hat sich seit dem Wettbewerb nicht verändert. Entscheidend verändert hat sich der Umfang des Programmes und damit die Größe des Gebäudes. Das heutige Gebäude ist aus budgetären Gründen rund 30% kleiner als ursprünglich vorgesehen. Eine Optimierung der Räumlichkeiten und Flächen und die Streichung diverser zusätzlicher Funktionen, führten zu den notwendigen Kosteneinsparungen. Verändert hat sich auch der Entwurf kaum.


Kultur in der Industriezone

Kultur als Zugpferd zur Umwandlung des monofunktionalen Industriegebiets in ein ausgedehntes Erholungsgebiet im Südosten der Stadt Kilden zu gebrauchen, war die Ambition der Bauherrn. Der gut vom Meer aus sichtbare Kulturbau öffnet sich zum Wasser hin mit einer raum­hohen Glasfront, die in der schrägen Welle der Holzverschalung des Plafonds verschwindet. Die Wahl des Baustoffes Holz stellt eine Referenz zur Geschichte des Ortes dar, die Welle eine Referenz zum Meer.

Die Nord-, Ost- und Südfassaden hingegen sind in schwarzes, kühles Aluminium gehüllt, das je nach Sonnenstand und Blickwinkel scheinbar seine Farbe ändert. Geschlossen, gefaltet, boxartig und mit einem regelmäßigen Fensterraster versehen, reagierten die Architekten mit diesen drei Fassaden unmittelbar auf die rohe Ausstrahlung und Großmaßstäblichkeit der umliegenden Industriehallen und damit auf die Geschichte des Ortes.

Mit der weiten trichterartigen Öffnung und Transparenz der Westfassade und der Holzverschalung wollten die Architekten hingegen eine gewisse Weichheit hinzufügen, die es den Menschen auch erlauben soll, sich den Ort als zukünftiges Wohn- und Erholungsgebiet anzueignen. Holz als warmer natürlicher Baustoff, der dem Menschen sehr nahe ist und Transparenz zur Schaffung von Aussich­ten aufs Meer.

Kulturbau als Maschine

Betrachtet man das Programm und die technischen Anforderungen an einen Konzertsaal, ein Theater oder eine Mehrzweckhalle im Detail, stellt sich sehr schnell heraus, dass es sich bei diesen Aufführungsorten künstlerischer Werke um perfekt organisierte Maschinen handelt, die mit modernster Licht-, Sound- und Bühnentechnik vollgestopft sind. Der Vergleich mit einer Maschine und Produktionshalle, die die Architekten von Beginn an vor Augen hatten, scheint hart, führte aber auch zu einem klaren Entwurfskonzept, das die Jury überzeugte.

Ihrer Idee folgend, stellen die Veranstal-tungsräume auch keine architektonischen Prototypen dar, sondern sind vielmehr funktionelle, effiziente und in ihrer Geometrie einfache Räume. Ihrer Interpretation dieses Veranstaltungsortes folgend, legten die Architekten das Hauptaugenmerk der künstlerischen Gestaltung auf die öffentlichen, expressiv gestalteten Bereiche, wie der Eingangshalle, des Foyers, den Zwischenräumen und Aufenthaltsräumen fürs Publikum, in denen man Holz und kräftige Farben wie Violett, Blau und Orange, wiederfindet.

Die wie ein Vorhang gefalteten Aluminium­fassaden stellen auch eine Referenz an die zahlreichen, dahinterliegenden Proberäumlichkeiten und Studios mit ihren schallabsorbierenden und in verschiedenen Winkeln zueinander stehenden Wänden im Inneren dar.

Im Norden des Gebäudes befindet sich der Konzertsaal, in der Mitte der Mehrzwecksaal und im Süden das Theater. An der Ostseite befinden sich über drei Geschosse neben den Hinterbühnen mit den Montageräumen und den Anlieferungen auch die Garderoben und Foyers der Künstler, die Instrumenten-, Kostüm- und Requisitenlager, die Proberäum­lichkeiten, die Ton- und Filmstudios und nicht zuletzt diverse Büroräumlichkeiten.

Parametrisches Entwerfen

Schon für den Wettbewerb verwendeten ALA Architects parametrische Computerprogramme um das Gebäude zu generieren, obwohl keiner der Partner davor einschlägige Erfahrungen damit gesammelt hatte. Janne Teräsvirta, Mitbegründer von ALA Architects, betont, dass vor allem die unzähligen Anpassungen und Veränderun­gen in den darauffolgenden Phasen ohne parametrische Entwurfswerkzeuge nicht mög­lich gewesen wären und die Computerprogramme das Testen verschiedenster Modelle ermöglichten. Dies trifft vor allem für den Entwurf des wellenförmigen Holzplafonds zu.

Die Computerprogramme machten den Holzplafond überhaupt erst baubar und erlaubten den Baufirmen die präzise Ober­fläche zu berechnen. Für Elemente wie die schallabsorbierenden Wandvertäfelungen in den einzelnen Veranstaltungsräumen hingegen, die letztlich wesentlich vereinfacht ausgeführt wurden als ursprünglich geplant, waren herkömmliche 2D und 3D Computerprogramme ausreichend.

Die geschwungene Oberfläche über dem Eingangsfoyer entstand durch die Verbindung der geschwungenen Zwischenwände des EGs mit der geradlinigen Dachkante. Der Verlauf der “Grundlinie” im EG entstand durch eine sehr rationelle und funktionelle Anordnung und Verteilung der geforderten Funktionsräume. Janne Teräsvirta erklärt, dass das Prinzip der Verbindung der Grundrisslinie mit der Dachkante sich während der gesamten Ausarbeitung des Entwurfs als äußert flexibel und anpassungsfähig zeigte und immer zu zufriedenstellenden Ergebnissen führte, sodass Überlegungen zur perfekten und schönsten Form der Welle nie gestellt werden mussten. Für die Umsetzung des Plafonds war eine enge und gute Zusammenarbeit mit der Norwegischen bzw. Schweizer Baufirma unumgänglich. Erst das Know-how der beiden ausführenden Firmen ermöglichte die Umsetzung des Entwurfes, zumal die Realisierung mit Holzlatten die Unterkonstruktion, die Verbindungen und die Berechnungen noch komplizierter machten. Beide Firmen halfen entscheidend bei der Detaillierung der Holzwand und brachten sich mit alternativen Vorschlägen,  Methoden und Werkzeugen in die Ausarbeitung und Realisierung der komplexen Geometrie ein. Janne Teräsvirta unterstreicht, dass es ihnen beim Entwurf der großen Geste in Holz nicht um die Form selbst ging sondern um die Möglichkeit ihrer Umsetzung. Nur eine hervorragende Zusammenarbeit mit den Baufirmen könne die Qualität des Endprodukts garantieren. Er geht soweit zu behaupten, dass die Verwendung parametrischen Designs in erster Linie dazu diene, die Grenzen des Machbaren zu testen, wobei komplexere Geometrien ohne die Verwendung dieser spezifischen Entwurfs- und Arbeitswerkzeuge ohnedies nicht möglich wären. Das parametrische Design war in Zusammenarbeit mit den unzählichen 2D und 3D Modellen vor allem als Kommunikationsmittel von entscheidender Bedeutung.

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