Akustisch optimierter Open Space

Neubau CEWE, Oldenburg

„Innovativ, variabel, modern und dabei auf höchstem akustischem Niveau: Das Open-Space-Konzept des Erweiterungsbaus für den Fotodienstleister CEWE in Oldenburg überzeugt durch seine optimierte Akustik und angenehme Arbeitsumgebung.“ ⇥DBZ Heftpate Steffen Czychi

Im niedersächsischen Oldenburg haben die vor Ort ansässigen Architekten Angelis & Partner einen modernen und transparenten Erweiterungsbau für den Fotodienstleister CEWE realisiert. Das offene Bürokonzept wurde in Kooperation mit dem Innenarchitekturbüro Kolde aus Georgsmarienhütte und dem Akustikbüro Oldenburg umgesetzt. Im Zusammenspiel gelang eine angenehme Arbeitsumgebung, die trotz des gewählten Open-Space-Konzepts durch eine optimierte Akustik mit angemessener Nachhallzeit überzeugt.

Das Unternehmen CEWE hat sich in den vergangenen Jahren als Europas größter Fotodienstleister etabliert. Parallel dazu ist die Zahl der Mitarbeiter stark angestiegen. Zuletzt war das Unternehmen deshalb dazu gezwungen, seinen Hauptsitz deutlich zu erweitern. Nach dem Entwurf der Architekten Angelis & Partner, die 2014 den Wettbewerb gewonnen hatten, entstand ein dreigeschossiger, aus zwei leicht versetzt angeordneten Volumen zusammengesetzter Neubau, der auf 3 400 m2 bis zu 170 Mitarbeitern Platz bietet.

Bereits auf den ersten Blick unterstreicht die klar gestaltete Architektur mit ihren durchgehenden Fensterflächen den gewandelten Anspruch von CEWE als ein dynamisches Unternehmen mit hoher Transparenz. Seinen besonderen Reiz erhält der Entwurf durch seine rhythmisch bewegte Fassadengliederung. Markante Elemente sind dabei insbesondere die CI-gerecht in Rot eingefärbten Glasflächen im leicht zurückspringenden Erdgeschoss, die horizontal umlaufenden Geschossbänder aus hellem Blech sowie die vertikal gesetzten, dabei unregelmäßig verteilten öffenbaren Fensterelemente aus anthrazitfarbenem Glas.

Neues Arbeiten in offener Bürolandschaft

Fließend fortgesetzt wird das Konzept der Architekten im Innenraum, wo auf drei weitgehend stützenfreien und somit frei unterteilbaren Ebenen eine offene und höchst variable Arbeitsumgebung mit innovativem Charakter entstanden ist: „Wir verstehen das moderne Büro als Ort von vielfältigen Angeboten, durch die sich die Mitarbeiter je nach Anforderung bewegen können“, beschreibt Architekt Alexis Angelis den grundlegenden Planungsgedanken seines Büros. „Als Grundkonzept haben wir deshalb ein Open-Space gewählt, ergänzt und gegliedert durch zusätzliche Raumangebote wie Besprechungszonen oder Denkzellen.“ Je nach aktueller Anforderung wird damit sowohl kommunikative Arbeit im Team als auch konzentrierte Einzelarbeit ermöglicht. Große Bedeutung kommt dabei der Akustik zu, denn trotz der offenen Bürostruktur sollen sich die Mitarbeiter durch andere Gespräche im Raum nicht gestört fühlen. „Eine wichtige Rolle für das Konzept spielen außerdem die im Kern zwischen beiden Gebäudevolumen auf sämtlichen Ebenen angeordneten ‚Marktplatz‘-Zonen, die einerseits eine skulptural gestaltete Treppenanlage als vertikale Erschließung integrieren und die gleichzeitig als attraktive Orte der Begegnung sowie als Empfang im Erdgeschoss fungieren“, ergänzt Horst Gumprecht, ebenfalls Gesellschafter bei Angelis & Partner.

Komplettiert wird das Gestaltungskonzept durch eine nach Entwürfen von Kolde Architektur mit möglichst natürlich wirkenden Materialien umgesetzte Innenausstattung und Möblierung. Wichtige Elemente sind dabei die auf sämtlichen Ebenen eingefügten Denkzellen, die ebenso wie die verschiedenen Raumunterteilungen und Schränke nach individuellen Vorgaben mit laminierten Holzoberflächen in unterschiedlichen Farben gestaltet wurden. Als Bodenbeläge kamen PVC-Designdielen oder Teppichböden in verschiedenen Farbtönen zum Einsatz. „Im zweiten Obergeschoss haben wir dabei das Thema ‚Wald‘ mit individuellen Details wie Birkenstämmen oder großformatigen Fotodrucken umgesetzt“, erklärt Christian Kolde von Kolde Architektur.

Hochwertige Raumakustik

Eine wichtige Rolle bei der Umsetzung des Gebäudes spielte das Thema Akustik. Um den Wunsch des Bauherrn nach einer hochwertigen Akustik mit angenehmen Nachhallzeiten um­zusetzen und dabei die im Vorfeld des Umzugs geäußerten Bedenken der Mitarbeiter aufgrund der Großraum-Konzeption aufzugreifen, war bereits zu Beginn das Akustikbüro Oldenburg in die Planung einbezogen worden. In einem ersten Schritt erstellte das Beraterteam um Dr. Christian Nocke zunächst ein akustisches 3D-Computermodell, in dem sämtliche verwendete Materialien mit ihren akustischen Eigenschaften angelegt wurden und mit dem anschließend die wichtigsten akustischen Eigenschaften des Raums simuliert werden konnten: „Stark absorbierende Flächen wurden dabei dunkel, stark schallreflektierende Flächen im Kontrast hell dargestellt“, erklärt Christian Nocke, der aufbauend auf seiner Tätigkeit als Sachverständiger für Lärmimmission, Bau- und Raumakustik auch an der Neufassung der VDI 2569 „Schallschutz und akustische Gestaltung im Büro“ beteiligt war.

Parallel dazu erarbeiteten die Akustiker ein Diagramm, dass die jeweiligen Nachhallzeiten während der Bauphase sowie nach Fertigstellung aufzeigt: „Ausgehend von den vorab definierten Zielwerten für die jeweiligen Raumnutzungen konnten wir die verwendeten Materialien damit exakt daraufhin abstimmen, dass der Raum einerseits nicht zu hallig, andererseits aber auch nicht schalltot ist“, so Nocke. „Denn das würde dann letztlich eine unnatürliche Atmosphäre schaffen, bei der jedes Gespräch am Nachbartisch deutlich hörbar wäre.“

Eine wichtige Rolle spielten die Berechnungen unter anderem bei der Umsetzung des flexibel unterteilbaren Konferenzbereichs im Erdgeschoss, wo das Zusammenspiel von mobilen Trennwänden mit Akustik-Perforierung, exakt berechneten Akustikdecken sowie individuell als Tischlerlösung ausgebildeten und partiell eingesetzten Schallabsorber-Wänden eine optimierte Akustik für Vorträge und Besprechungen ermöglicht. Ähnlich gingen die Planer in den übrigen Bereichen vor. Auch hier wurden schallharte Oberflächen wie Wände, Decken oder Möbel zum Teil mit einer speziellen Akustik-Perforierung hinterlegt, zusätzlich fließen schallabsorbierende Materialien wie Teppiche in die Akustikberechnung ein. Für das Mehrpersonenbüro im 1. OG Ost ergab sich damit eine Nachhallzeit von 0,7 Sekunden (unmöbliert), die durch die Integration von schallabsorbierenden Möbeln auf Werte zwischen 0,6 und 0,4 Sekunden reduziert werden konnte. Gemeinsam mit halbhohen, auch als Sichtschutz und als Whiteboard fungierenden Trennwänden konnte somit die Raumakustik-Klasse A erreicht werden.

Wichtige Aspekte der Akustik-Planung waren außerdem die Integration von akustisch optimierten Deckensegeln sowie eine auch unter akustischen Gesichtspunkten optimierte Anordnung der jeweils eingefügten Denkzellen. Für eine minimierte Verkehrs- und Laufunruhe wurde außerdem beschlossen, die Arbeitsplätze vorzugsweise an den wenig frequentierten Stirnseiten des Gebäudes anzusiedeln und in den stärker frequentierten Bereichen Funktionen wie Kopier- und Druckräume oder Meetingpoints unterzubringen. Im Zusammenspiel der unterschiedlichen Maßnahmen gelang den Planern eine offene und moderne Bürolandschaft, die trotz des gewählten Open-Space-Konzepts auch unter akustischen Gesichtspunkten überzeugt. Robert Uhde, Oldenburg

Baudaten                                                                                                                                   

Objekt: Neubau Verwaltungsgebäude CEWE

Standort: Meerweg 30-32, 26133 Oldenburg

Typologie: Verwaltungsgebäude

Bauherr/Nutzer: CEWE Stiftung & Co. KGaA

Architekt: Angelis und Partner Architekten mbB, Oldenburg, www.angelis-partner.de

Team: Alexis Angelis, Horst Gumprecht, Philipp Riemschneider, Michael Coersmeier, Jutta Hartmann, Svenja von Kröcher

Bauleitung: Sebastian Ackert, Anna Kreikebohm

Bauzeit: 01.2016 – 09.2017

Fachplaner                                 

Akustikplaner: Akustikbüro Oldenburg (Raumakustik), www.akustikbuero-ol.de

Innenarchitekt: Kolde Innenarchitektur, Georgsmarienhütte, www.kolde.com

Tragwerksplaner: Drewes + Speth mbb, Hannover, www.drewes-speth.de

TGA-Planer: Ingenieurbüro von Kiedrowski GmbH (ELT), Oldenburg, www.gruppe-ingenieurbau.de; Ingenieurbüro Dammann GmbH (HLS) , Oldenburg

Fassadentechniker: Arup Deutschland GmbH, Berlin, www.arup.com

Landschaftsarchitekt: Kilian + Frenz Landschaftsarchitekten, Oldenburg, www.kilianundkollegen.de

Energieplaner/ DGNB-Koordinator: H2A – v. Heeren Habibi, Hannover, www.h2a-hannover.de

Brandschutzplaner: Wijnveld Ingenieure, Osnabrück, www.wijnveld-ingenieure.de

Projektsteuerung: DU Diederichs Projektmanagement AG & Co. KG, Wuppertal, www.du-diederichs.de

                                                  

Projektdaten                               

Grundstücksgröße: 40 268 m²

Grundflächenzahl: 0,40 (inklusive Bestandsgebäude)

Geschossflächenzahl: 0,53 (inklusive Bestandsgebäude)

Nettogrundfläche gesamt: 3 250 m²

Nutzfläche: 2 100 m²

Technikfläche: 160 m²

Verkehrsfläche: 990 m²

Brutto-Grundfläche: 3 620 m²

Brutto-Rauminhalt: 14 340 m³

Baukosten (nach DIN 276)

KG 200 (brutto): 65 800 €

KG 300 (brutto): 3,97 Mio. €

KG 400 (brutto): 2,55 Mio. €

Gesamt brutto: k. A.                         

Hauptnutzfläche (KG 300 + KG 400): 3 100 €/m²

Brutto-Rauminhalt: 455 €/m³

Energiebedarf

Primärenergiebedarf: 70,9 kWh/m²a nach EnEV 2013

Endenergiebedarf: 29,5 kWh/m²a nach EnEV 2013

Gebäudehülle

U-Wert Außenwand = 0,22 W/(m²K)

U-Wert Fassadenpaneel = 1,00 W/(m²K)

U-Wert Bodenplatte = 0,11 / 0,18 / 0,10 W/(m²K)

U-Wert Dach = 0,14 W/(m²K)

Uw-Wert Fenster = 1,00 W/(m²K)

Luftwechselrate n50 = 0,34/h

 

Hersteller

Flachdachsystem: Bauder GmbH & Co KG, www.bauder.de

Hinterlüftete vorgehängte Blechfassade: Schüco International KG, www.schueco.com

Akustik-Heiz-/Kühldecken/GK-Decken: Integrale Climasysteme GmbH, www.integrale-climasysteme.de
Trockenbau (Decken akustisch optimiert): Knauf Gips KG, www.knauf.de

Bürobereich/Hohlraumboden: Knauf Integral KG, www.knauf-integral.de

Dämmschüttung: Thermowhite GmbH, www.thermowhite.at

Perimeterdämmung: URSA, www.ursa.de

Kerndämmung: Deutsche Rockwool Mineralwoll GmbH, www.rockwool.de                               

Sonnenschutz/Blendschutz (innen/außen): WAREMA Sonnenschutztechnik GmbH, www.warema-group.com   

Türen/Toren: Schüco International KG, www.schueco.com

Holzelemente: Westag Brandschutzelemente, www.westag-getalit.com

RWA-Anlage: Lamilux – Heinrich Strunz Gruppe, www.lamilux.de

Kurzfloor mit Akustikrücken: Carpet Concept, www.carpet-concept.de

Kurzflor Fliese/Webteppich/Hochfloor: Object Carpet, www.object-carpet.com/de

Vinylbelag: Haro Disano Classic, www.haro.com

Fliesen: Marazzi, www.marazzi.de

Außenbeleuchtung: BEGA Gantenbrink-Leuchten KG, www.bega.com/de

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