Tipps und Tricks für VgV-Verfahren
Die Teilnahme an VgV-Verfahren bietet Büros eine gute Möglichkeit zur Auftragsakquise. Oftmals scheitern Büros an Form- oder Verständnisfehlern – seltener in der ersten, öfter in der zweiten Verfahrensrunde. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Unterlagen noch effizienter erstellen können und was Sie unbedingt beim VgV-Verfahren beachten sollten. Jetzt downloaden: Wie erstelle ich eine VgV-Grundlagenpräsentation?
Der erste Runde des VgV-Vergabeverfahrens meistern
Um die erste Runde effizient und schnell abzuarbeiten, lohnt es sich, Standards zu schaffen, die in ihrer Gesamtheit einen Werkzeugkoffer für die Bearbeitung öffentlicher Vergabeverfahren darstellen. Dieser „Werkzeugkoffer“ gliedert sich in der ersten Runden in einen formalen Teil und einen Referenzteil. Der formale Teil beinhaltet aktuell gehaltene Unterlagen, wie der Nachweis der Versicherung für Sach- und Personenschäden, die Umsatzzahlen der letzten drei Geschäftsjahre, Mitarbeiterlebensläufe in einheitlicher Optik und mit professionellen Mitarbeiterbildern, Urkunden über Mitgliedschaften in Kammern und Berufsverbänden, Zertifizierungen, Fortbildungsnachweise, Übersichten zu Preisen und Auszeichnungen, und Publikationen oder Unternehmenstexte, wie Büroprofil und Leistungsspektrum. Der Referenzteil beinhaltet eine lückenlose Projektdokumentation im Sinne einer kontinuierlich geführten und übersichtlich gegliederten Projektliste sowie aktuelle und gut gepflegte Referenzdatenblätter der jeweiligen Projekte und Referenzschreiben der Auftraggeber-Seite.
Die Projektliste für ein VgV-Verfahren
Anhand der Projektliste lässt sich schnell festlegen, ob Ihr Büro die notwendigen Referenzanforderungen für den ausgeschriebenen Auftrag im Portfolio hat oder nicht. Können die Anforderungen an Referenzen oder Umsatz nicht erbracht werden, lohnt sich eine Einzelbewerbung meist nicht. Alternativ kann hier über Eignungsleihe[i] oder die Bewerbung als Bewerbergemeinschaft in Erwägung gezogen werden. Die Projektliste sollte, neben dem Projekttitel, Auskunft geben über Art und Umfang der Leistung, BGF und BRI, Art des Auftraggebers, Baubesonderheiten, Auszeichnungen und Preise, Bauzeit und Planungszeit. Im Gegensatz zu den Projektdatenblättern sollte die Projektliste alle Projekte aufzeigen, die das Büro in den vergangenen Jahren beschäftigt haben. In vielen Verfahren wird um eine Übersicht der vergleichbar erbrachten Leistungen der letzten Jahre gefragt – auch hierfür wird die Projektliste eingesetzt.
Projektdatenblätter für ein VgV-Verfahren
Projektdatenblätter stellen auf ein bis drei Seiten grafisch ansprechend Ihr Projekt vor. Der Umfang der zulässigen Seiten pro Projekt variiert von Verfahren zu Verfahren. Inhaltlich gilt es hier in besonders gute und damit professionelle Bilder, Visualisierungen oder Schemata des jeweiligen Projekts zu investieren – so lässt sich die Qualität Ihres Büros schnell transportieren und Aufmerksamkeit generieren. Hinzu kommen gut lesbare Angaben zum Projekt, das Herausstellen der Besonderheiten am Projekt und der eigenen Leistung, Kosten, Honorarzone, Bauzeiten etc. Die geforderten Angaben variieren von Verfahren zu Verfahren und müssen deshalb verfahrensabhängig überprüft werden. Hier lohnt es sich, über den Einsatz digitaler Werkzeuge[ii] nachzudenken oder eigene Standards festzulegen. Gut gestaltete und gepflegte Projektdatenblätter dienen im besten Fall nicht nur der Bewerbung um öffentliche Aufträge, sondern finden Ihren Einsatz auch in anderen Akquise-Situationen.
Das Referenzschreiben der Auftraggeber-Seite
Referenzschreiben bei Auftraggebern zu erfragen, sollte im Büroalltag zum Standard gehören. Auch hier muss inhaltlich darauf geachtet werden, dass der Auftraggeber in seinem Schreiben gezielt Hinweise auf die Qualität Ihrer Leistung gibt. Idealerweise beinhaltet ein Referenzschreiben Aussagen zur Einhaltung von Kosten und Terminen, zur gestalterischen Qualität, zur Kommunikation mit dem Auftraggeber und anderen Projektbeteiligten, zu Umfang und Art der erbrachten Leistung, oder auch zu den Steuerungsqualitäten der Projektleitung. Sollten Sie und Ihr Auftraggeber bereits mehrfach erfolgreich zusammengearbeitet haben, sollte auch dies Erwähnung finden.
Wenn Werkzeuge wie Projektdatenblätter, Projektliste und Referenzschreiben erstellt sind, lässt sich die erste Runde der Teilnahme an VgV-Verfahren effizient abarbeiten und Fehlerquellen sind minimiert. Die optische Qualität der eingereichten Unterlagen ist bei VgV-Verfahren immer häufiger Teil der Bewertungsmatrix und aus meiner Erfahrung darf ich so viel verraten: Die meisten Unternehmen haben in genau diesem Bereich in den vergangenen Jahren stark aufgeholt. Entstauben Sie Ihre Unterlagen und hinterfragen Sie inhaltlich hinterfragt und optisch ihre Qualität.
Sie haben die zweite Runde erreicht!
Nun wartet ein neuer Berg Arbeit auf Sie! Die Aufforderung zur Angebotsabgabe und damit einhergehend die Ausfertigung eines Honorarangebots sowie komplexer Präsentationsunterlagen nehmen viel Zeit in Anspruch. Mit dem Erreichen der zweiten Runde ist klar, dass man Ihnen und Ihrem in der Bewerbung genannten Team grundsätzlich die Durchführung und Realisierung der Baumaßnahme zutraut. Das heißt im Umkehrschluss: Falls in der Bewertungsmatrix des Auftraggebers nicht anders gefordert, haben in diesem Teil „seitenweise Diplome, Mitgliedsurkunden oder Fortbildungsnachweise“ nichts mehr verloren. Lesen Sie genau die Unterlagen, welche Ihnen zugestellt wurden, und legen Sie sich eine Checkliste an. Bis wann muss die Teilnahme bestätigt werden? Wann findet das Verhandlungsgespräch statt? Wer kommt mit? Wieviel Zeit ist von Auftraggeber-Seite für das Verhandlungsgespräch geplant? Wann muss das ausgefüllte Honorarangebot zurückgesendet sein? Muss die Präsentation vorher dem Auftraggeber überstellt werden? All diese Fragen sollte die Checkliste beantworten. Im nächsten Schritt müssen alle Personen mit Projektverantwortung in Kenntnis über den Präsentationstermin gesetzt werden. Die häufig gestellte Frage: „Ist es schlimm, wenn der Projektleiter an diesem Tag nicht kann oder wir einen anderen Projektleiter mitnehmen?“ hat eine schlichte Antwort: ja, ist es. Die ausführliche Antwort: Sinn der Präsentation ist es nicht nur, den Bauherren von der Leistung des eigenen Büros zu überzeugen, sondern vor allem dem Projektteam ein Gesicht zu geben und die Personen vorzustellen, die das Projekt am Ende umsetzen und deren Kompetenz für eben diese Bauaufgabe ausschlaggebend ist.
Der Auftraggeber von VgV-Verfahren
Wer ist der Auftraggeber? Meist steckt hinter diesem anonymisierten Begriff ein einzelner Beamter oder Institutionsmitarbeiter, der mit der Aufgabe betraut ist, mittels Geldern der öffentlichen Hand ein bestimmtes Projekt zu realisieren. Sein Ziel ist es, mittels VgV-Verfahren für diese Aufgabe den richtigen Dienstleister zu besetzen. Seine große Angst ist es, den falschen Auftragnehmer zu beauftragen. Einen Auftragnehmer, der verantwortungslos mit Budgets, Kosten und Terminen umgeht. Schlimmstenfalls sind ausgeführte Qualitäten nicht vertretbar oder bleiben weit hinter dem zu erwartenden Standard zurück. Die Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten kommt zum Stillstand und es werden, aufgrund mangelnder Ausschreibungsqualität, permanent Nachträge generiert und Rechtsanwälte bemüht. Zu allem Überfluss findet sich der Auftraggeber dann auch noch am Pranger der Öffentlichkeit, in der Presse, wieder. Herzlichen Glückwunsch zu „Klein BER“. Nimmt man diese Ängste und gleicht sie mit der Wertungsmatrix einer zweiten Runde ab, kann jede einzelne darin wiedergefunden werden. Häufig komplex umschrieben und nicht immer, so scheint es, in einer logischen Reihenfolge.
Zum Zeitpunkt Ihrer Einladung in die zweite Runde sind seitens des Auftraggebers bereits viele Stunden Arbeit in das Projekt geflossen. Erste Studien wurden gemacht, Gespräche mit Nutzern geführt, Bewilligungen für Gelder eingeholt und das Vergabeverfahren erarbeitet. Der Aufwand, der von Ihnen nun zu erbringen ist, scheint in höchstem Maße umfangreich, ist aber mit normalen Akquise-Prozessen durchaus zu vergleichen. Deswegen kann man die Stirn runzeln, sollte dabei aber den Vergleich zur eigenen klassischen Akquise offenen Auges ziehen!
Präsentation für VgV-Verfahren
Bereiten Sie die Präsentation streng auf Grundlage der Wertungsmatrix vor. Setzen Sie die genannte Präsentationszeit ins Verhältnis zu den Punkten, um festzulegen, wieviel Redezeit Sie für die unterschiedlichen Teile haben. Dann legen Sie fest, wer welchen Teil spricht. Die kurze Bürovorstellung wird beispielsweise vom Büroinhaber gesprochen; Herangehensweise, Personaleinsatz und Kommunikation im Projekt vom Projektleiter; Kosten und Termine vom stellvertretenden Projektleiter. Der Vortrag der Inhalte muss im Präsentationsteam geübt werden. Bevor Sie präsentieren, sollten Sie mindestens zwei komplette Durchläufe geprobt haben. Bestenfalls haben Sie dies vor weiteren Mitarbeitern Ihres Büros getan und deren Anmerkungen mit in Ihre Unterlagen eingearbeitet.
Die Grundlagenpräsentation des VgV-Verfahrens
Investieren Sie in eine maßgeschneiderte Grundlagenpräsentation. Diese zu erarbeiten ist sehr zeitaufwändig. Auch das finale Ergebnis muss in regelmäßigen Abständen mit Ihren Erfahrungen abgeglichen und gefüttert werden. Ein klar gegliederter Folienaufbau mit einheitlicher Grafiksprache ist unabdingbar. Grundsätzlich sollte die Präsentation unter dem Einsatz von Folienmastern erstellt werden. Idealerweise besteht eine solche Präsentation aus fünf verschiedenen Teilen: Der allgemeinen Bürovorstellung, den Projektfolien, den Mitarbeiterfolien und den VgV-Folien, mit Inhalten, die wiederkehrende Fragestellungen von VgV-Verfahren inhaltlich beantworten sowie einen Organigramm-Teil.
Alle verwendeten Bilder sollten professionell erstellt und authentisch sein. Verzichten sie auf so genannte „Stock-Fotos“, die sie von Bildagenturen erworben haben. Verzichten sie auch weitgehend auf Animationen, die Programme wie Powerpoint oder Keynote bereithalten.
Grundsätzliche Hinweise zu Ihrer Präsentation
Die genauen Bezeichnungen der einzelnen Punkte der Bewertungsmatrix sind zwingend auf jeder Folie anzugeben und in ihrer Reihenfolge beizubehalten. Dies erleichtert nicht nur dem Zuhörer die Orientierung, sondern auch Ihnen als Redner. Dafür können Sie getrost auf die leidigen Inhaltsübersichts- und Trennseiten verzichten. Diese braucht es nicht, zumal die Ausführungen, die Sie zu diesen Folien machen, von Ihrer wertvollen Präsentationszeit abgehen und inhaltlich keinen Mehrwert darstellen. Bitte seien Sie sich gewahr, dass es beim Auftraggeber Fragen aufwirft, wenn Sie als Büroinhaber auch der Projektleiter sind. Grundsätzlich wird Ihnen erstmal unterstellt, dass Sie als Inhaber nicht über die zeitlichen Kapazitäten verfügen, sich neben Büroorganisation, Personalsteuerung und Akquise umfassend um ein Bauvorhaben zu kümmern. Hierauf sollte in der Präsentation kurz eingegangen werden. Stellen Sie immer auch Ihre persönliche Motivation dar, warum Sie mit Ihrem Auftraggeber genau dieses Projekt erfolgreich realisieren wollen.
Üben Sie die Präsentation immer mindestens zweimal mit dem Präsentationsteam gemeinsam. So stellen Sie sicher, dass Sie als eingespielte Einheit auftreten. Der Projektleiter hat zwar den Bärenanteil der Präsentation zu stemmen, er ist aber nicht der Einzige, der etwas zu sagen hat. Grundsätzlich gilt: Wer mitkommt, sagt auch was. Behalten Sie im Blick, dass es der oberste Wunsch des Auftraggebers ist, dass Sie sich zum Zeitpunkt Ihrer Präsentation bestmöglichst mit seinem Projekt beschäftigt haben. Beantworten Sie also alle Fragestellungen so nah am Projekt wie möglich.
Wichtig: Aus Fehlern lernen
Halten Sie direkt nach der Präsentation fest, wie Ihre Eindrücke sind, was man zukünftig besser machen kann und was angepasst werden muss. Sollten Sie den Zuschlag nicht bekommen haben, warten Sie die Einspruchsfrist ab und versuchen Sie im Nachgang via Anruf oder Email mehr darüber zu erfahren, warum es nicht geklappt hat und wo die Konkurrenz mehr überzeugen konnte.
Es ist vollkommen normal, dass es ein paar Anläufe braucht, bis man den Zuschlag bekommt. Aber gerade in diesen konjunkturstarken Zeiten ergibt sich über die Teilnahme an VgV-Verfahren die Möglichkeit, neue Aufgabenfelder zu erschließen.
[i] https://www.vergabe24.de/vergaberecht/vergabelexikon/eignungsleihe/ [ii] www.projektmaster.eu Software zum Erstellen von Datenblättern und Projektlisten auf Knopfdruck
Was ist die Vergabeverordnung – VgV?
Den rechtlichen Rahmen für Bewerbungen auf öffentliche Aufträge bildet die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV). Diese ist auf verschiedenen Portalen[i] in voller Länge einsehbar bzw. zum Download verfügbar. Die Vergabe von Architektenleistungen[ii] erfolgt oberhalb des Schwellenwerts von 209 000 € netto für Planungsleistungen, bei Aufträgen von obersten und oberen Bundesbehörden liegt der Schwellwert bei 135 000 € netto.
Alle öffentlichen Ausschreibungen müssen verbindlich und kostenfrei zugänglich im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden. Auf dessen Onlineplattform Euro-TED[iii] können Ausschreibungen tagesaktuell eingesehen werden. Die unterschiedlichen Ausschreibungen sind nach Wirtschaftszweig (CPV-Code) und Lieferort (NUTS-Code) klassifiziert. Die Klassifizierung für Dienstleistungen im Bereich Bauwesen und Immobilien hat den CPV-Code 71000000 und umfasst „Dienstleistungen von Architektur-, Konstruktions- und Ingenieurbüros und Prüfstellen“.
Neben dieser EU-Plattform gibt es verschiedene private Anbieter, die auf eigenen Vergabeportalen Ausschreibungen gesammelt erfassen und gegen Gebühr anbieten. Inhaltlich verbindlich sind allerdings nur die Angaben, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht sind.
[i] Beispiel: www.vergabe.nrw.de/vergaberechtvorschriften
[ii] Architektenleistungen meinen hierbei auch Leistungen der Innen- und Landschaftsarchitekten sowie der Stadtplaner
[iii] www.ted.europa.eu