Vergrößerungsglas
Von solchen Arbeiten gibt es nicht viele. Schön also, dass wieder einmal eine solche versucht wurde. Das Ziel: Die Wirkzusammenhänge von Architektur und Gesellschaft aufzuzeigen. Am Beispiel von drei Bautypen: den Kindergärten/Horten/Tagesstätten, dem Familien- und Mehrgenerationenwohnen sowie den Altenwohnanlagen und Pflegeeinrichtungen.
Dabei geht die Architektursoziologin in äußerst systematischer Weise vor: In einem historischen Rückgriff untersucht sie, die Jahrzehnte voranschreitend, die Entwicklungsgeschichte der Kinderrolle in der Gesellschaft, in der Familie etc., um von hier aus die jeweilige Architektursprache (Grundrisse, Materialien, Kontext) in Augenschein zu nehmen. Das ermöglicht – mit ausführlicherem Blick auf ausgewählte und für ihre Zeit als repräsentativ betrachtete Architekturen – eine Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher Entwicklung und architektonischer Antwort zu destillieren und die Koinzidenz von gesellschaftlicher und architektonisch räumlicher Entwicklung als seltene Ausnahme zu konstatieren.
Katharina Weresch scheut sich auch nicht, die von ihr analysierten Schwächen in einigen Entwürfen zu nennen und überhaupt ist ihr Blick auf das im Buchtitel genannte Funktionieren auch einer, der von Empathie nicht weit entfernt ist.
Damit wird diese Horizontalsynopse zu einem sehr gut brauchbaren Vergrößerungsglas, das die Möglichkeiten den Wirklichkeiten erkenntnisbringend vor Augen führt. Ein Lesestoff für den Nachwuchs ebenso wie für die alten Hasen, denen das hier erarbeitete Grundlagenwissen für die weiteren Planungsjahre als Korrektiv an der Seite stehen sollte. Be. K.