Von Sorge getrieben
Was ist Faschismus? Ist die Diskussion um „rechte Räume“ eine, die eher ideologischen Prinzipien folgt oder architekturhistorischen? Geht es um Kontinuitäten oder formale Zuschreibungen? Kann Architektur per se faschistisch sein?
Fragen, die heute immer noch aktuell und wohl auch noch nicht zu Ende diskutiert/ausgeforscht wurden. Faschismus – in Deutschland war es, genauer gesagt, der Nationalsozialismus – hatte (und hat?) eine ganz eigene Vorstellung von der gebauten Welt, wie sie sein sollte. Die Monströsitäten eines Albert Speer sind anschauliche Objekte dieser in Stein geformten Gewaltfantasien, die für Ewigkeit, zumindest für 1 000 Jahre gebaut wurden und doch längst bröckeln.
Um weitere Antworten auf diese Fragestellung zu finden, Antworten, die möglicherweise ein neues Forschungsfeld eröffnen, schaute man in einem Archivseminar 2016 in den Nachlass des Architekten, Hochschullehrers, Jurors und Kritikers Max Bächer, der heute immer noch als Kopf einer Architekturdebatte der 1960er- und 1970er-Jahre gilt. Bächer, der in den 1960er-Jahren damit begonnen hatte, dem Faschismus/Faschistoiden in der deutschen Nachkriegsarchitektur in kleinen Texten und zahlreichen Vorträgen auf der Spur zu sein, traf sich 1973 mit Albert Speer. Das bisher unveröffentlichte Gedächnisprotokoll Bächers von dieser Begegnung ist für die Autorin Frederike Lausch der Ausgangspunkt, die intensive Beschäftigung Bächers mit der Architektur im Faschismus zu analysieren. Bächer schaute als Architekt in die vergangene deutsche Geschichte – er selbst hat das als den Vorteil des Insiderblicks gesehen – und hielt es für erwiesen, dass der Faschismus mit der Erfindung der Stunde Null im Bauwesen nicht abgebrochen war.
Klar wird am Ende der Lektüre der sehr konzisen, grafisch fein gemachten Arbeit, dass Bächer in seinen Forschungen, die am Ende nicht in eine Monografie o. ä. mündeten, ganz besonders von der Sorge getrieben war, die jungen StudentInnen könnten der Faszination faschistoider Bauten dauerhaft erliegen. Und dass Bächers Forschungen diskontinuierlich, teils widerspruchsvoll waren und am Ende eben ohne eine Summa standen, macht diese die Nachlasszettel ordnende Forschungsarbeit um ein weiteres wichtig. Dass man mitten im Buch schon am Ende angekommen ist – dann folgt die englische Version –, ist das einzige, das nach der Lektüre ein Gefühl des Bedauerns hinterlassen konnte. Be. K.