Zimmer in den Dünen
Hotel Budersand Golf & Spa, Hörnum/Sylt

Moderne Architektur auf Sylt hat Seltenheitswert. Der Neubau des Luxushotels Budersand von dko Architek­ten an der südlichen Inselspitze beweist, dass Natur­verbundenheit auch ohne Reet und Ziegel möglich ist.

„Beim Einchecken das Meer sehen.“ Das wünschte sich Claudia Ebert. Die Bauherrin verfolgt seit 2004 zusammen mit ihrem Sohn das ambitionierte Projekt Hotel Budersand Golf & Spa an der Südspitze Sylts. Zunächst wurde der Großteil des 70 ha umfassenden ehemaligen Kasernengeländes in einen Golfplatz mit Golfclub umgewandelt. Dann folgte das Luxushotel mit 79 Zimmern und Suiten am Südrand des Golfplatzes. Es wurde im Mai dieses Jahres eröffnet. Für das Projekt initiierten die beiden einen Wettbewerb, an dem vier Büros teilnahmen. Die Architekten Dierks, Kunze, Oevermann – kurz dko – konnten den Wettbewerb für sich entscheiden.

Konzept und Gestalt

„Es war nicht so einfach, 14 500 m² Geschossfläche in die Dünenlandschaft zu integrieren und dabei die vielfältigen Anforderungen an ein Hotel sinnvoll zu organisieren“, erklärt Patrik Dierks beim Rundgang durch den Hotelkomplex. „Dazu kam, dass das Grundstück nur die Erschließung von einer Seite möglich machte. Das heißt: Haupteingang, Anlieferung, Vorfahrt und Parkplatz sowie den Übergang vom Hotel zum Golfplatz mussten wir dort unterbringen.“ Die Architekten entschieden sich dafür, das komplexe Raumprogramm um vier Lichthöfe zu organisieren. Sie schufen zwei verschiedene Welten, eine
„öffentliche“ im Erdgeschoss sowie eine „private“ mit den Zimmern und Suiten in den Obergeschossen.

Das Erdgeschoss wächst aus der Dünnenlandschaft heraus. Da­rüber liegen vier Baukörper, die die Zimmeranzahl in einzelne Wohneinheiten unterteilen. Sie werden über Brücken und Dachterrassen miteinander verbunden. Ein Holzlamellenschirm aus Western Red Cedar bringt die Einheiten optisch zusammen. „Wir haben lange überlegt, welches Holz wir nehmen sollen“, sagt Architekt Dierks. „Diese amerikanische Holzart ist sehr widerstandsfähig und eignet sich besonders gut für den Seewasserbereich. Mit der Zeit ver­wittert das Holz zu einem Silbergrau.“ Die unregelmäßige Lamellenstruktur wirft ein ständig wechselndes Licht- und Schattenspiel auf die weiß verputzten Kuben.

Obwohl im Erdgeschoss Tiefgarageneinfahrt, Anlieferung und Haupteingang unmittelbar nebeneinander liegen, spüren die Besucher nichts davon. Denn außer dem verglasten Hoteleingang, verschwindet alles hinter einer rostroten Fassade. Damit die Durchlüftung der Garage gewährleistet ist, entwarfen die Planer die Garagentore als Schiebelemente aus Stahlrahmen, die mit einem luftdurchlässigen, ebenfalls rostroten Weidengeflecht ausgefacht sind.

Das Gebäude liegt 80 cm höher als das höchste je gemessene Hochwasser. Im Falle einer Sturmflut wird der Hotelkomplex mit einem mobilen System-Flutschutz gesichert. Zur Verankerung des reversiblen Systems aus gekanteten Metallelementen sind in einem Abstand zum Gebäude Hülsen in den Boden eingelassen.

Höfe, Gassen und Terrassen

Der offene Empfang im Erdgeschoss lenkt den Blick sofort auf die ersten beiden Lichthöfe und darüber hinaus – aufs Meer. Restaurant, Vinothek und Hof können dank einer geschickten Brandschutzplanung, in Form von geschosshohen Brandschutztüren aus hellem Holz, flexibel zusammengeschaltet werden.

Vom Foyer führen zwei großzügige, einläufige Treppen in die „private“ Welt der Hotelzimmer. Hier wird es urban, wie die Architekten es formulieren. „Wir wollten keine langen, schmalen Flure, sondern ein wenig Urbanität an einem unurbanen Ort schaffen“, erklärt Patrik Dierks. Wie kleine Gassen münden die relativ kurzen Flure in offenere Bereiche, die stets einen anderen Ausblick eröffnen, vom gerahmten „Meeresblick“ bis zum Blick auf eine schlichte, weiße Außenwand, wie man es aus dem Süden kennt. Ganz oben wurde das Staffelgeschoss von innen nach außen gerückt. Dabei entstanden ruhige und windgeschützte Dachterrassen, von denen einige den Suiten direkt zugeordnet sind. Staffelung und Anordnung der vier Zimmertrakte eröffnen ungeahnte Ein- und Ausblicke sowie Austritte auf verschiedene Terrassenniveaus und Brücken. All das bleibt dem Außenstehenden verborgen. Man muss das Hotel von innen gesehen haben, bevor man ein Urteil darüber fällt.

Neben dem großzügigen Spa-Bereich im Erdgeschoss gibt es eine Bibliothek im ersten Obergeschoss, die den Hotelgästen zur Verfügung steht. Ganz im Ambiente eines englischen Clubraums mit raumhohen Regalen aus dunklem Holz, einem Schreibtisch sowie gemütlichen Lesesesseln erscheint sie gediegener als das übrige Hotel-Ambiente. Die Buchauswahl der Bibliothek hat Elke Heidenreich getroffen.

Material-, Farb- und Lichtwahl

Die Bauherren haben von Anfang an darauf gesetzt, ein Netzwerk von kompetenten Fachleuten zusammenzubringen, um ihren ganzheitlichen Ansatz zu realisieren. Zum Architektenteam dko gesellten sich der Innenarchitekt Jan Wichers  und der Landschaftsarchitekt Martin van den Hövel.

Bei der Gestaltung der Außenanlagen und Dachterrassen war die Einbettung in die Dünenlandschaft Hauptthema. Begehbare Holzdecks inmitten inseltypischer Pflanzen wie zum Beispiel Strandhafer, Grasnelke und Krähenbeere schaffen den Bezug zur Natur ebenso wie die Fassadenverkleidung aus Zedernholz-Lamellen. Bei der Farb- und Materialwahl im Inneren stand stets die Atmosphäre der Nordseeinsel Pate. Naturtöne, Sandtöne und Materialien wie Holz und Leder überwiegen.

Den Raum der Vinothek dominiert ein langer Tisch, an dem bis zu 18 Gäste Platz haben. Die Tischplatte besteht aus einem riesigen Holz­stamm. Darüber hängt eine genauso lange Leuchte, aus der Glasfäden
herausleuchten, wie die Fäden einer Qualle im Wasser. Die Schiebeele-
mente, die diese lange Tafel von der Gangzone trennen, bestehen aus geflochtenen Stahlstäben – analog zum Weidengeflecht der Garagentore.

Beim Blick auf die Foyerdecken entdeckt man leuchtende Schlitze. Eine Idee des Lichtplaners: Wie Muscheln öffnen sich diese Schlitze aus der Decke. Sie bergen die Leuchtmittel in sich wie Perlen. Das mag kitschig klingen, wirkt aber sehr reduziert und passend.

Auch die Zimmer und Bäder sind in den zurückhaltenden Natur­tönen und Materialien eingerichtet. Die gesamte Technik steckt in den Decken, zum Beispiel in Deckensegeln, die in den Fluren angebracht sind. Wie es für ein 5-Sterne-Superior-Hotel üblich sein sollte, lassen sich die Lichtstimmungen in den Zimmern individuell regeln. Die Technikausstattung reicht sogar bis zum Kühlschrank für Kosmetika in den Bädern der Suiten. Was aber keine noch so luxuriöse Ausstattung übertreffen kann, sind Lage und Ausblick - allen voran der Blick von der Badewanne aufs Meer. Susanne Kreykenbohm, Hannover

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