Neue Bezugslinien
Vielleicht ist die Arbeit Wegerhoffs nicht die erste, die zwischen dem Gebauten und der Automobilität des 20. Jahrhunderts forscht: Schnittstellenanalyse. Aber möglicherweise hat er neue Bezugslinien ausfindig gemacht, die die These unterstützen, dass unsere Automobil-Kultur sehr wesentlich unsere Baukultur beeinflusst hat. Wie?
Allein durch die Teilung der Straßenräume mit Autoabstellplätzen und Fußwegen; oder das Nichtvorhandensein von Letzteren in Ländern, in denen das Autofahren Ausdruck von Lebenskultur ist (das Drive-in/Drive-through hat sich in den USA zwangsläufig ergeben).
Seine Protagonisten sind – wenig überraschend – Le Corbusier und Erich Mendelsohn, Bernard Rudofsky, Vertreterinnen der Postmoderne sowie ein Peter Blake, Architekt, Redakteur und Publizist, der mit „God’s Own Junkyard“ (1964) us-amerikanische, automobile Zustände beschrieb. Dass Wegerhoff auch Peter Zumthor (hier mit der Therme in Vals) aufbietet, erscheint, gerade auch mit dem sehr detaillierten Blick auf die Baugeschichte und -realisierung der Therme, nicht überzeugend im Kontext Auto und Architektur. Das gleiche mag für das kapitellange Forschen zur „Strada Novissima“ auf der ersten Architekturbiennale in Venedig gelten, wo man nicht genau versteht, was Darstellung und Analyse zum Thema nun beitragen. Das Auto wird hier eingeführt über die Dialektik Macchina vs. Fabbrica, so etwas wie „Funktion vs. Gestaltung“, eine Verknüpfung, die herbeigebogen erscheint.
Insgesamt aber ist die Lektüre so unterhaltsam wie gehaltvoll, trotz aller Abzweige und Umwege enden wir nicht in einer Sackgasse, eher an einem Wendehammer, von dem aus wir zurückfahren können oder bleiben, langsam oder schneller. In jedem Fall schauen wir neu auf das Gebaute, das Immobile im Zugriff unserer Träume von entgrenzter Mobilität. Be. K.