St. Hedwigs Kathedrale, Berlin
Von der Franzöischen Straße in Berlin aus ist die St. Hedwigs Kathedrale nur eingeschränkt sichtbar, tatsächlich steht man hier auch auf ihrer Rückseite. Ins Auge fällt von dort aus die Baustelle, auf der zurzeit das Bernhard-Lichtenberg-Haus als Teil des katholischen Forums Sankt Hedwig Mitte in Berlin saniert und der für unansehnlich und mittlerweile unzweckmäßig gehaltene Erweiterungsbau durch einen Neubau ersetzt wird. Auftraggeber ist das Erzbistum Berlin, die Architektur kommt von Max Dudler.
Auftraggeber für den radikalen Umbau der Kathedrale ist ebenfalls die Hausherrin, die Katholische Kirche. Sie lobte 2013 einen offenen, zweiphasigen Realisierungswettbewerb zur Umgestaltung von St. Hedwig mit städtebaulichem Ideenteil „Bernhard-Lichtenberg-Haus“ aus, dem sie Ende 2015 noch ein Symposium folgen ließ. Das stellte eine schöne Kontroverse dar über Denkmalschutz, liturgische Erfordernisse, über die Frage nach Urheberrecht und Kunsthöhe sowie irgendwie auch, wer am Ende das Sagen hat. Das war und ist immer noch der Erzbischof Berlins, der als Bauherrenvertreter vor Gericht (Urheberrechtsklagen) auf das Eigenrecht der Kirche verwies: „Nach gründlicher Überlegung und Erwägung im Gebet bin ich entschlossen, die Umgestaltung unserer Kathedrale auf der Grundlage des Entwurfs der Preisträger mit Freude und Tatkraft in Angriff zu nehmen.“
Preisträger im Wetttbewerb waren Sichau & Walter Architekten GmbH und Leo Zogmayer, Fulda, deren Entwurf – wie gewünscht – die von allen so sehr vermisste ‚Normalzentralität‘ zurückholte. Damit war das, was Hans Schwippert in seiner Wiederaufbauplanung als Doppelkirche realisierte, Geschichte. Der offene Boden der Kathedrale, in dem eine Treppe hinabführte zu Grab und Altar des von den deutschen Faschisten verfolgten Kämpfers gegen das „Euthanasie“-Programm, Domprobst Bernhard Lichtenberg, ist nun geschlossen. Wie ein weites, offenes Feld bietet der Raum nun noch ein paar Bänke, die sich wie der zentral im Raum liegende Steinaltar derart verlieren, dass man sich fragen kann, ob nicht das Uneinheitliche, das Ungerichtete Hans Schwipperts das liturgisch wirksamere war.
Unter dem Bodenrund finden sich nun der Taufstein – mit dem darüberliegenden Altar in einer Achse unter dem Opaion, dem Kuppelauge – und zahlreiche vom Taufbeckenraum abzweigende Kapellchen mit unterschiedlichen Gästen. Der Raum ist, im Gegensatz zum riesigen Kuppelsaal oben, niedrig, dämmrig und nichts für Menschen, die klaustrophob unterwegs sind. Die Kirche, so der Erzbischof, müsse sich verändern. Dem ist vielleicht zuzustimmen, ganz sicher auch auf anderen Feldern als dem Kirchenbau. Be. K.