Starterlektüre
Innensichten haben immer den einen zentralen Nachteil: Sie können keine Außenperspektive spiegeln. Andererseits ist der Bericht aus dem Inneren einer Organisation, eines Projekts, einer Beteiligung immer auch der detailliertere, dessen subjektive, häufig unterschwellig anwesende Rechtfertigungstendenz uns Leserinnen aber immer bewusst sein sollte. Dann funktioniert auch eine Innensicht wie die hier vorliegende.
Wie wir Stadtraum der Zukunft beplanen sollten, wie wir ihn neu schaffen könnten, welche Hürden und generellen Hemmnisse es gibt auf dem Weg zu einem – wie auch immer – gelungenen Quartier als Baustein von Stadt, dazu gibt es mittlerweile Bibliotheken füllende Veröffentlichungen, Festplattenspeichervolumen im Peta-Bereich. Warum also noch ein Buch dazu, könnte man durchaus gefrustet fragen angesichts der immer noch andauernden Überplanung von Stadtraum durch Menschen, die in der Bürgerschaft eine winzige Minderheit sind?
Das gängige Vokabular wird auch in dieser Publikation dekliniert; man fragt sich: Gibt es Neues? Dass sich aber hinter den Binnensichten ein ganz konkreter Raum verbirgt, den wir alle anschauen können, das macht es dann wieder interessant, das Prozessuale, das Integrative, die Interventionen und Partizipationen, die Workshops und die ewig gültige Feststellung: Es braucht mehr Mut! (was immer „es“ auch sein mag).
Piazza Spinelli wird als Übungsraum adressiert; tatsächlich kann, wer nach Mannheim reist, diesen Raum als Möglichkeitsraum (auch eine Vokabel) erleben. Die Herausgeber, die Projektinvolvierte sind, sprechen mit anderen Projektinvolvierten oder Expertinnen, die andere Piazzen schon mal bearbeitet haben. Wir können nachvollziehen, zustimmend oder kritisch ablehnend, wir können lernen aus diesem und jenem hier bearbeiteten Aspekt der Stadtraumentwicklung. … Aber an keiner Stelle stellt sich das Gefühl ein, hier würde etwas ganz Neues geübt! Etwas, das nicht an historischen Vorbildern hängt (auch Utopien, auch die gelebte Kommune sind historisch), nicht an denen, die immer schon Stadtplanung kommentierend begleiten. Was wir lesen ist ein Projektbericht; dem können wir zustimmen oder ihn kritisch hinterfragen, weiter bringt uns Expertinnen das kein Stück. Ob die Lektüre, die keinen Fluss erzeugt, etwas für Laien ist außerhalb des Diskurses, bleibt zweifelhaft. So bleibt es eine vielsprachige Arbeit, eine Echokammer des Planungsdiskurses für die, die gerade mit diesem Diskurs starten. Immerhin. Be. K.
Piazza Spinelli. Übungsraum für die Stadt. Hrsg. v. Sally Below u. Christopher Dell. Jovis, Berlin 2024, 320 S., 190 Farb- u. sw-Abb.
39 €, ISBN 978-3-98612-067-2