Aus der Rechtssprechung

Welcher Schallschutz ist geschuldet?

OLG Hamburg, Urteil vom 26.01.2024 - 4 U 4/23

Durch Auslegung des Vertrags im Einzelfall ist zu ermitteln, welcher Schallschutz geschuldet ist.

Sachverhalt

Der Kläger beauftragte den Beklagten mit dem Rohbau einer Doppelhaushälfte. Vor Abnahme der Bauleistungen machte der Kläger verschiedene Mängel geltend. Unter anderem sei der Schallschutz zur benachbarten Doppelhaushälfte mangelhaft. Der Kläger verlangte die Beseitigung der Mängel und setzte hierfür eine Frist.

Der Beklagte stellte die geltend gemachten Mängel in Abrede. Der Beklagte ist der Ansicht, er habe seine Leistungen vollständig und mangelfrei erbracht.

Der Kläger ist (zurecht) der Auffassung, Vertragssoll sei ein Schalldämm-Maß von 64 dB gewesen. Dieses werde nicht erreicht, weil der Beklagte die Trennfuge zwischen den beiden Doppelhaushälften nicht fachgerecht ausgeführt habe, insbesondere nicht in der vereinbarten Stärke von 4 cm und nicht mit ausreichender Dämmung, so dass der Luftschallschutz unzureichend sei oder jedenfalls nicht dem bei korrekter Ausführung zu erwartendem Niveau entspreche. Der Kläger machte gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Kostenvorschuss zur Beseitigung des behaupteten Schallschutzmangels geltend.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Welcher Schallschutz für die Errichtung von Doppelhäusern geschuldet ist, sei durch Auslegung des Vertrags im Einzelfall zu ermitteln. Dem Vertrag sei keine ausdrückliche Vereinbarung zu entnehmen, welche Schallschutzwerte durch die vereinbarte Bauausführung erreicht werden sollten. Der Beklagte habe jedoch wiederholt konkretisiert vorgetragen, dass seine im Vertrag zum Ausdruck gebrachte Erwartung als Auftragnehmer, die in der konkret vereinbarten Bauausführung ihren Niederschlag gefunden habe, eine Luftschalldämmung mit einem Schalldämm-Maß von 64 dB sei. Dies sei das vertraglich geschuldete Schallschutzniveau.

Hieran müsse sich der Beklagte festhalten lassen. Dieses Schalldämm-Maß sei nach dem Ergebnis der fachlich einwandfrei durchgeführten und dokumentierten Schallmessungen auch tatsächlich erreicht oder überschritten. Etwaige Messfehler seien weder anhand des Vortrags des Beklagten noch anderweitig ersichtlich. Da die gewünschten Schalldämm-Maße erreicht seien, läge kein Mangel vor. Zudem handle es sich bei dem festgestellten Schallschutzniveau um ein insgesamt hohes Niveau, und auch die bei einwandfreier Ausführung erreichbaren Schalldämm-Maße seien tatsächlich erreicht worden. Es bedürfe keiner weiteren, bauteilöffnenden oder -zerstörenden Untersuchung zum Zustand der Trennfuge und zu den verwendeten Materialien. Weil das geschuldete Schallschutzniveau erreicht sei, komme es für die allein streitgegenständliche Rüge eines Schallschutzmangels eben nicht auf die konkrete Ausführung an.

Praxishinweis

Im Einklagt mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Oberlandesgericht in der vorliegenden Entscheidung die Anforderungen an den geschuldeten Schallschutz durch Auslegung des Vertrags ermittelt. Es existieren keine allgemein anerkannten Regeln der Technik, die unabhängig von der gewählten Bauausführung verbindliche Aussagen zum einzuhaltenden Schallschutz machen. Vor diesem Hintergrund können auch die Schalldämm-Maße der DIN 4109 nicht herangezogen werden, da sie lediglich Mindestanforderungen zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen festlegen, jedoch keine Angaben dazu machen, welcher Schallschutz für einen üblichen oder sogar hohen Qualitäts- oder Komfortstandard erforderlich ist. Richtlinien wie die VDI-Richtlinie 4100:2012-10 "Schallschutz im Hochbau - Wohnungen - Beurteilung und Vorschläge für erhöhten Schallschutz" können als Orientierungspunkte dienen.          

Indem der Kläger jedoch seine „Erwartung“ auf 64 dB konkretisierte, hat er selbst die entsprechende Vertragsauslegung (mit-)verursacht.



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