Mit Optik unzufrieden: Beschichtung mangelhaft?
OLG Dresden, Urteil vom 09.05.2023 - 14 U 1343/22; BGH, Beschluss vom 29.05.2024 - VII ZR 97/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)Haben die Parteien eines Bauvertrags keine gestalterischen Vorgaben zur Beschichtung eines Tiefgaragenbodens getroffen, begründet allein die Unzufriedenheit des Auftraggebers mit dem optischen Erscheinungsbild der Beschichtung keinen Mangel der Leistung.
Der Sachverhalt:
Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer mit der Neubeschichtung eines Tiefgaragenbodens. Im Verhandlungsprotokoll ist vereinbart: "Auch wenn die Gebrauchsfähigkeit nicht beeinträchtigt ist, liegt ein Mangel vor, wenn die Leistung in gestalterischer (...) Art vom Vertrag abweicht (subjektiver Mangel)." Nach der Ausführung beanstandete der Auftraggeber Unebenheiten sowie "Löcher" in der Beschichtung und verlangte vom Auftragnehmer den Ersatz der damit verbundenen Mängelbeseitigungskosten.
Die Entscheidung:
Ohne Erfolg! Eine Leistung wäre als mangelhaft anzusehen, wenn die tatsächliche Beschaffenheit von der vertraglich vereinbarten abwiche, wenn sie nicht den anerkannten Regeln der Technik entspräche oder wenn ihre Funktionstauglichkeit nicht gewährleistet wäre. Die vereinbarte Beschaffenheit ergäbe sich aus der Auslegung des geschlossenen Vertrags.
Im vorliegenden Fall wäre eine OS 8 Beschichtung der Tiefgarage geschuldet gewesen. Besondere Anforderungen an die Optik oder konkrete Vorgaben zur Oberflächenbeschaffenheit habe der Auftraggeber weder vorgetragen, noch seien solche ersichtlich. Zwar verweise der AG auf eine Regelung im Verhandlungsprotokoll, wonach ein Mangel auch dann vorliegen könne, wenn die Leistung in gestalterischer Hinsicht vom Vertrag abweiche. Allerdings enthalte der Vertrag selbst keinerlei gestalterische Vorgaben zur Beschichtung der Tiefgarage oder zur gewünschten Oberflächenbeschaffenheit. Daher bliebe unklar, worin die behauptete Abweichung und somit der Mangel bestehen solle.
Zudem handle es sich um eine Tiefgarage, bei der der Auftragnehmer – sofern keine ausdrücklichen Hinweise des AG vorlägen – nicht ohne Weiteres davon ausgehen müsse, dass erhöhte Anforderungen an die optische Qualität der Beschichtung bestünden. Der Fall wäre daher nicht mit Sachverhalten vergleichbar, in denen die repräsentative Wirkung von Bodenbelägen eine wesentliche Rolle spiele.
Soweit der Auftraggeber geltend mache, dass das Fehlen einer 1 mm dicken Kratzspachtelung einen Mangel darstelle, da dadurch ein „anderer“ Zustand erreicht worden wäre, reiche dies nicht aus. Der gerügte Mangel beträfe letztlich nicht die Kratzspachtelung selbst, sondern die Unzufriedenheit mit der Optik. Damit bliebe es bei der Behauptung einer rein optischen Beeinträchtigung, für die jedoch keine vertraglichen Vereinbarungen bestünden.
Die bloße Erwartung eines „anderen“ Zustands könne eine fehlende vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung nicht ersetzen. Auch wäre ein solcher Zustand nicht durch einen Sachverständigenbeweis objektiv feststellbar. Die Ersatzvornahme für die gesamte Leistung des Auftragnehmers begründe der Auftraggeber ausschließlich mit einer optischen Beeinträchtigung, nicht jedoch mit einem konkreten Mangel, der durch die fehlende Kratzspachtelung verursacht worden wäre. Folglich fehle es an einer vertraglichen Grundlage für die geltend gemachte Abweichung.
Praxishinweis:
Optische Fehler - wie im vorliegenden Fall Unebenheiten einer Tiefgaragenbeschichtung - sind nur dann als Mängel zu qualifizieren, wenn bestimmte qualitative oder gestalterische Anforderungen an Oberflächen als Beschaffenheit vereinbart sind. Eine Änderung des Ursprungsvertrages kann zwar im Verhandlungsprotokoll einvernehmlich erfolgen (beispielsweise als zugesicherte Eigenschaft). Hier ist dies jedoch nicht geschehen, sondern es wurde lediglich auf den – unveränderten – Vertrag verwiesen.
Wird eine optische Beschaffenheit vereinbart oder ist sie bei vergleichbaren Werken üblich, kann der Auftraggeber davon ausgehen, dass die Ist-Beschaffenheit der Leistung nicht nur zum Zeitpunkt der Abnahme der vereinbarten Soll-Beschaffenheit entspricht, sondern dass dieser Zustand auch eine gewisse Beständigkeit und Dauer aufweist.