Aus der Rechtssprechung

Wenn es gerade mal wieder etwas länger dauert!

OLG Köln, Beschluss vom 22.12.2021 - 16 U 182/20; BGH, Beschluss vom 08.11.2023 - VII ZR 16/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Bei schwerwiegenden, unvorhersehbaren und nicht vom Architekten zu vertretenden Bauzeitverzögerungen besteht ein Anspruch auf Anpassung des Architektenhonorars nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (hier verneint). Die konkrete bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Verzögerungen unter Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Abläufe ist auch Voraussetzung für die schlüssige Darlegung eines Honoraranpassungsanspruchs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

Der Sachverhalt:

Ein Generalplaner verfolgte in der Berufung seine geltend gemachten Ansprüche wegen Bauzeitüberschreitung weiter. Er führte hinsichtlich der geplanten Bauzeit sowie der Verzögerungen durch sechs im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegende Störereignisse weiter aus. Danach soll sich die Ausführungszeit von fest vereinbarten 67 Wochen auf insgesamt ca. 151 Wochen verlängert haben. Deshalb wollte der Generalplaner eine zusätzliche Vergütung nach den Grundsätzen zur Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Höhe von rund 840.000 Euro haben.

Die Entscheidung:

Ohne Erfolg! Die Berufung habe keine Aussicht auf Erfolg, denn das Landgericht habe die Klage in dem mit der Berufung weiterverfolgten Umfang zu Recht abgewiesen. Dem Generalplaner stehe gegen den Auftraggeber ein Anspruch wegen Bauzeitverzögerung nicht zu. Das Landgericht habe insoweit zutreffend erkannt, dass zwar bei schwerwiegenden, unvorhersehbaren und nicht vom Architekten zu vertretenden Bauzeitverzögerungen gemäß den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Anspruch auf Anpassung des Architektenhonorars bestehen könne, deren Voraussetzungen aber nach dem Vorbringen des Generalplaners im Streitfall nicht erfüllt seien.

Der Generalplaner habe sein Klagebegehren darauf gestützt, dass seine Tätigkeit als Generalplaner bei einer vereinbarten Bauzeit von 67 Wochen tatsächlich aufgrund von dem Auftraggeber zu verantwortender sechs Störereignisse 151 Wochen gedauert habe, womit eine Bauzeitüberschreitung von 84 Wochen vorliege, die nach § 313 BGB eine Honoraranpassung in beantragter Höhe zur Folge gehabt hätte. Sein dazu gehaltener Vortrag sei indes nicht geeignet, hinreichend substantiiert darzulegen, dass eine zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führende Bauzeitverzögerung gegeben sei.

Der Klagevortrag zu einer Bauzeitüberschreitung leide schon an Unklarheiten hinsichtlich des zeitlichen Ansatzes einer möglichen Überschreitung. Der Generalplaner habe sich auf die Verbindlichkeit des Rahmenterminplans berufen. Der Rahmenterminplan habe den Beginn des Bauvorhabens mit dem 22.1.2009 angesetzt und endet mit dem 31.12.2010. Das ergibt eine - von dem Auftraggeber und dem Landgericht zugrunde gelegte - planmäßige Bauzeit von 104 Wochen. Der Generalplaner wolle eine planmäßige Bauzeit von 67 Wochen zugrunde legen. Die verbindliche Vereinbarung einer solchen erheblich kürzeren Bauzeit lasse sich den vertraglichen Vereinbarungen indes nicht entnehmen. Der Vortrag des Generalplaner zu den von ihm genannten sechs Störereignissen mit einer von ihm behaupteten Gesamtdauer von 84 Wochen erfülle nicht die Anforderungen der zum Schadensersatzanspruch wegen Bauzeitverzögerung erforderlichen konkreten bauablaufbezogenen Darstellung der jeweiligen Verzögerungen unter Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Abläufe und lege somit keine schwerwiegende unvorhersehbare Veränderung im Sinne von § 313 BGB schlüssig dar.

Praxishinweis:

Die Argumentation des Generalplaners folgt einer gängigen Praxis: Mehr Zeit bedeutet mehr Geld. Dabei wird oft übersehen, dass eine Verlängerung der Bauzeit allein nicht ausreicht, um eine zusätzliche Vergütung zu rechtfertigen. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage setzt zunächst voraus, dass eine solche überhaupt besteht. Die Parteien können eine solche auch nach Vertragsschluss verbindlich vereinbaren. Zusätzlich müssen die vertragliche oder gesetzliche Risikoverteilung besonders berücksichtigt werden. Was für den Generalplaner vorhersehbar sein sollte, liegt in seiner Risikosphäre und führt auch dann zu keiner Honoraranpassung, wenn Verzögerungen auftreten, die er nicht selbst verursacht hat. Wenn nur noch wenige Störungsfälle übrig bleiben, wird eine bauzeitbezogene Darstellung erforderlich, um zu bewerten, ob noch relevante Störungen jenseits der Opfergrenze bestehen.

In diesem Bereich gibt es besonders viele Unschärfen. Es kommt auf den jeweiligen Einzelfall an. Hier wurde eine Bauzeitverlängerung von 104 auf 151 Wochen (immerhin fast um die Hälfte mehr!) nicht als ausreichend angesehen, einen Honoraranspruch zu begründen. Als beweisbelastete Partei hätte der Generalplaner aber zunächst belegen müssen, dass tatsächlich eine Verlängerung von 67 auf 151 Wochen, also mehr als eine Verdoppelung der benötigten Zeit vorlag. Dies konnte er nicht.

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