Die Deutschen und ihre Denkmale
Der zweite Wettbewerb zum Freiheits- und Einheitsdenkmal bringt drei Gewinner, aber kein Ergebnis 22.01.2018Am 3. Oktober 2010, ganz symbolträchtig am Tag der Deutschen Einheit, stellte Kulturstaatsminister Bernd Neumann den Sieger des vom BBR ausgelobten und betreuten Wettbewerbs für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal vor (in diesem zweiten Durchlauf nicht mehr mit der Last, dem Leipziger Verdienst im Besonderen eine Referenz zu erweisen, diese haben sich – klugerweise – vom Berliner Verfahren abgekoppelt und einen eigenen Wettbewerb initiiert) . Im Berliner Martin-Gropius-Bau eröffnete der Minister ohne Ministerium gemeinsam mit Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, die Ausstellung aller Wettbewerbsergebnisse.
Der Deutsche Bundestag hatte am 9. November 2007 beschlossen, dass die Bundesrepublik Deutschland zum Gedenken an die so genannte „Friedliche Revolution“ im Herbst 1989 und an die Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands ein Denkmal der Freiheit und Einheit Deutschlands errichtet. Als Standort für das zukünftige Denkmal der Freiheit und Einheit wurde (von wem eigentlich und mit welchem Kalkül?) der Sockel des ehemaligen und durchaus hässlichen Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm I. auf der Schlossfreiheit festgelegt; heute eine marode, über ein paar Stufen zum nicht mehr vorhandenen Schlossplatz angeschlossene Plattform. Ein erster Wettbewerb im vergangenen Jahr hatte kein realisierbares Ergebnis gebracht. Zum aktuellen, zweiten Wettbewerb, zu welchem 386 Bewerbungen eingereicht wurden, wurden 28 Architekten und Künstler eingeladen. In der Jury vertreten waren neben den Fachpreisrichtern auch Abgeordnete des Deutschen Bundestages, die Bundesregierung und das Land Berlin sowie die Initiative Freiheits- und Einheitsdenkmal.
Gewonnen haben den Wettbewerb schließlich drei Einreicher. Also schon wieder keiner?! Bernd Neumann erläuternd hierzu: „Das Preisgericht empfiehlt dem Auslober – also BKM in Zusammenarbeit mit dem BMVBS –, diese drei preisgekrönten Beiträge einer Überarbeitung zuzuführen, bei der insbesondere die Hinweise des Preisgerichts berücksichtigt werden sollen. Im Anschluss daran wird eine Entscheidung für die Realisierung einer dieser drei Arbeiten getroffen.“ Vorstellbar wäre – angesichts der einstimmigen Dreistimmigkeit – auch, alle drei zu realisieren: Milla und Partner (mit Sasha Waltz) biegen die Plattform himmelwärts, meck architekten fassen sie mit ihrer Schriftengirlande und Balkenhol platziert seinen knienden Mann (hat hier die Gleichstellungsbeauftragte des Bundes geschlafen?) mittendrin; oder am Rande, wegen des stärkeren Ausdrucks des Ganzen.
Einer der beiden Anerkennungen – realities:united, Berlin und Bjarke Ingels Group, Kopenhagen – hat inzwischen bei den Redaktionen Einspruch gegen das Ergebnis erhoben: „Damit scheiterte unserer Meinung nach der einzige Entwurf in der Gruppe der Preisträger, der für diese Aufgabe eine Alternative zum Format der klassischen Skulptur angeboten hat und der sowohl seinen Aufstellungsort im städtebaulichen Umfeld – in direkter Konjunktion mit der geplanten Schlossreplika – als auch seine Rolle als Nachfolger auf dem Sockel des monumentalen alten Kaiserdenkmals aktiv thematisiert und in eine schöpferische Argumentation übersetzt hat.“ Und weiter: „In der Verzagtheit der Juryentscheidung lassen sich bedauerliche Parallelen zum Ausscheiden des Entwurfes von Kühn Malvezzi beim Wettbewerb zum Berliner Humboldt Forum (Schloss) und zu anderen Wettbewerben der Vergangenheit erkennen.“ (s. anliegendes Schreiben)
Das kann man so sehen, muss aber nicht, der mit einer Anerkennung gewürdigte Entwurf wird von den Verfassern selbst mit „einfache Form – komplexe Botschaft“ charakterisiert. Und um bei der Parallelsetzung zum fatalen und eigentlich gescheiterten Schloss-Wettbewerb anzuknüpfen: Wer bei einem Wettbewerb dieses Inhaltes mitmacht, begibt sich auf dünnes Eis! Das dünne Ergebnis, die Verzagheit der Jury beweist es. Einheit, Freiheit, Brüderlichkeit? Man lese die Bloggs, die zahllosen Kommentare im Netz, dann müsste eigentlich jedem klar werden, dass wir kein Denkmal brauchen, sondern ein auf beinahe allen Ebenen – kulturellen, wirtschaftlichen, politischen, … – geeintes Deutschland. Und solch ein Land gewinnen wir nicht über Kniende, Kreisbrücken, Letterngirlanden oder anderes auf kaiserlichem Fundament. Be. K.
Die Ausstellung steht auch online zur Verfügung: Preisträger und Anerkennungen und übrige Entwürfe. Die Ausstellung kann vom 4. bis 31. Oktober 2010 täglich außer Dienstags von 10 bis 20 Uhr im Martin-Gropius-Bau besichtigt werden.