Nachruf Walter A. Noebel

Walter Arno Noebel war als Architekt und Hochschullehrer ein bedeutender Vertreter des architektonischen Rationalismus und ein Vermittler der italienischen und deutschen architektonischen Kultur. Mit seiner durch Typologie und Baukonstruktion bestimmten Haltung schuf er zahlreiche städtische Bauten, die sowohl harmonisch im Kontext bestehen als auch von innerer architektonischer Logik getragen sind. Er war eine zentrale Figur des Dortmunder Modells Bauwesen, der gemeinsamen Ausbildung von Architekten und Bauingenieuren an der TU Dortmund, die er mit Leidenschaft und Überzeugung verfolgte.

Der 1953 in Köln geborene Walter Arno Noebel studierte in Berlin und arbeitete zunächst dort beim spätexpressionistischen Büro Fehling & Gogel. Noebels rationalistische Haltung entstammte seiner langjährigen Mitarbeit bei Oswald Mathias Ungers (1979-82) und Vittorio Gregotti (1982-86), den beiden führenden Architekten dieser Richtung in Deutschland und Italien. Die enge Verbindung bezeugt ebenso die gemeinsame Arbeit mit Oswald Mathias Ungers für den erfolgreichen Wettbewerb der Erweiterung der Messe Berlin und deren Realisierung. 1984 eröffnete er ein eigenes Büro in Mailand, seit 1988 führte er sein Architekturbüro in Berlin. Dort entstanden auch seine wichtigsten Bauwerke wie die Havelbrücke in Berlin Spandau (1993), die diese technische Aufgabe architektonisch als raumbildende und lastdarstellende Kunstaufgabe begriff, die Berufsschule Brillat Savarin in Berlin Weißensee (1996), das stadtraumformende und tektonisch erzählende Bürogebäude am Leipziger Platz (1997) oder die Universitätsbibliothek der TU Berlin und der UdK (2002). In diesen Tagen wird seine Rathausbrücke am Berliner Schloss fertiggestellt, die paradigmatisch seine architektonische Auffassung eines Ingenieurbauwerks zeigt und als Monument des Alltags im städtischen Raum stehen wird.

Walter Arno Noebel lehrte als Gastdozent u.a. an der ETH Zürich, der Universität Hannover und der Universität Bologna; seit 2000 hatte er den Lehrstuhl Gebäudelehre an der Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen der TU Dortmund inne; dort wirkte er zuletzt auch als Dekan. Mit seiner ausgleichenden Persönlichkeit, seinem Charme und seinem Witz wusste er manche Klippe zu umschiffen; mit seiner analytischen Schärfe und architektonischen Klarheit war er ein Eckstein der Fakultät. Mitarbeitern war er mit diesen Eigenschaften ein Vorbild. Studierende anzuleiten und zu motivieren verstand er mit Bravour.

Mitten aus dem universitären und architektonischen Leben wurde er herausgerissen; wie haben einen guten Freund und verlässlichen Kollegen verloren. Walter Arno Noebel verstarb am 2. Juli 2012 nach kurzer schwerer Krankheit in Berlin.


Nachruf der Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen der TU Dortmund

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 08/2012

Walter A. Noebel www.dis.tu-dortmund.de, www.noebel.de

Anfang Juli erreichte uns auch die traurige Nachricht vom Tod Walter A. Noebels. Er ist am 2. Juli nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 59 Jahren mitten aus dem architektonischen und...

mehr

„Architektur ist Kunst, und beides bedarf einer Haltung“

Jürgen Sawade (1937-2015)

„Architektur ist Kunst, und beides bedarf einer Haltung, wenn sie gut sein soll“. Der das 2005 sagte, ist nun verstorben. Wie die Akademie der Künste Berlin meldet, ist Jürgen Sawade am Mittwoch,...

mehr
Ausgabe 05/2017

Ungers Frühwerk illegal abgerissen www.ungersarchiv.de

Der freie Markt ist ein zugiger Ort, an dem Geld verdient werden will. Denkmalschutz ist da, bezogen auf den Markt der Immobilien, oft eher beschwerlich, ja manchmal verhindert er den Eigentumswechsel...

mehr
Ausgabe 03/2019

Ungers „Haus im Haus“ wird saniert

Auf der Jahrespressekonferenz gab das Deutsche Museum für Architektur das bekannt, womit Insider schon länger gerechnet hatten: Das DAM wird saniert werden müssen. Die Arbeiten, so die...

mehr
Ausgabe 09/2008

Der eine geht, der andere nicht Am Lützowplatz in Berlin verschwindet ein wichtiges Stück IBA

Ein Jubiläum hätte die Wohnanlage am Lützowplatz in Berlin beinahe feiern können: Was allerdings 1983/84 als Sozialer Wohnungsbau mit Vorzeigecharakter entstand und damals von mehr als 200 Mietern...

mehr