Richtfest im Freilichtmuseum Detmold
Politische Prominenz, Kulturvermittlerinnen, Museumsdirektoren und Architektinnen waren am 3. Juli nach Detmold gereist um u. a. die größte tragende Stampflehmwand Europas in Augenschein zu nehmen. 15.07.2024 |Ob es immer die Superlative sein müssen - größte tragende Stampflehmwand Europas - oder ob nicht einfach ein Richtfest in der Kulturdiaspora Anlass einer weiten Reise sein kann soll hier gar nicht in Frage stehen. Eher der Hinweis darauf, dass Bauherrn und Architekten - mit wissenschaftlichem wie politischen Geleitschutz - ein Projekt planten und nun umsetzen, das beispielgebend sein könnte für ein anderes Bauen und eine konsequentere Ganzheitlichkeit. Nicht der Lehm soll im Zentrum stehen, so die Architekten, eher das komplette Ganze.
Wir trafen uns mit Simon Waigand, geschäftsführender Partner von ACMS Architekten, Wuppertal, die den Neubau des Ausstellungs- und Eingangsensembel am Freilichtmuseum Detmold planen und zurzeit realisieren (übrigens, auch das Freilichitmuseum ist ein Superlativ, welcher, soll hier einmal nicht genannt werden).
Neun Meter hoch, einige Meter lang: die wohl größte tragenden Stampflehmwand Europas, hier in Detmold. Die weite Wandöffnung zwischen Vortragssaal (links) und Foyer wird allerdings noch mittels eines Stahlbetonträgers überbrückt
Foto: Benedikt Kraft
Gut zu erkennen die auf der Stampflehmwand lastenden Dachträger
Foto: Benedikt Kraft
Das Ausstellungs- und Eingangsgebäude soll das größte Freilichtmuseum Deutschlands fit machen, für das Zukünftige. So auch für die Stadt Detmold, die neben einer urwüchsigen Landschaft ein Schloss, renommierte Hochschulen und das Hermannsdenkmal anzubieten hat, die hier ebenfalls profitieren will und profitieren wird. Als neuer, vielleicht deutlicher sichtbarer Stern auf der Karte des Erlebnistourismus, der ein immer wichtigerer Wirtschaftsfaktor für die Regionen wird, die außer dem Vorgenannten wenig Industrie oder spezialisiertes Gewerbe anzubieten haben.
Großer Ausstellungssaal mit noch verhüllten Lehmwänden, die nach Dachschluss im Trockenen stehen
Foto: Benedikt Kraft
Nun soll also das tatsächlich riesige Freilichtmuseum (90 ha) endlich das bekommen, was Freilichtmuseen per Definitionem nicht haben: Ausstellungsräume, die nicht aus dem historischen Sammlungsbestand kommen. Der Neubau mit ca. 5000 m² BGF soll knapp 1000 m² Ausstellungsfläche anbieten, was auch internationale Museen zur Ausleihe von wertvollen Sammlungsstücken veranlasse könnte.
Links der Ausstellungssaal, dann kommt die zentrale Treppenanlage, rechts Empfang und Vortrag
Foto: Benedikt Kraft
Daneben wird es die üblichen Empfangseinrichtungen geben, ein Restaurant, Garderoben, ein Museumsshop, Museumspädagogik etc. etc. Und eine breite, lang ansteigende, über Zwischenpodeste gestaffelte Freitreppe, die endlich den Eingang zum Ausstellungsgelände markiert. Das Dauerprovisorium Container mit Kasse irgendwo im Zugang wird überflüssig, soll aber weiterhin genutzt werden.
Der Beton ist Stahl- und Zementreduziert, ebenfalls wurde Material gespart durch eingelegte Bubbles
Foto: Benedikt Kraft
Der Neubau wird also den Standort attraktiver machen, soll Durchreisende zum Umweg verleiten und Menschen, die Freilichtmuseen mit russigen Essen und schiefen, leicht düstren Innenräumen mit schlechtem Klima verbinden, dazu annimieren, dennoch einmal zu kommen und dann, nach dem Ausstellungsrundgang dann doch den längeren Weg zu Bockwindmühle und Co. antreten. Interessant in diesem Zusammenhang: Die Macher des Neubaus, also Bauherer LWL und Architekten, wollen über alles Freiluftige hinaus auf die Potentiale des Bauens mit Lehm zum Beispiel hinweisen, der Neubau ist auch als eine Art Referenz gedacht, Themen des neuen Bauens in aller, wortwörtlicher Anschauung in die Breite zubringen.
Alle reden über den Lehmbau, aber wenn der Maßstab ein größerer wird, bekommt man nur eine Handvoll Betriebe, die hier entsprechende Erfahrung mit bringen. In Deutschland eher nicht ...
Foto: Benedikt Kraft
Was alles geplant und umgesetzt wurde kann man in der kommenden DBZ 09 2024 nachlesen. Oder in "DBZ, der Podcast" Nr. 112 nachhören, in dem wir uns mit Simon Waigand fokussiert über den ... dann doch ... Lehmbau unterhalten haben (kommt demnächst).