Abnahme durch Einzug?

OLG Koblenz, Urteil vom 12.04.2018 - 2 U 660/17; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 18.09.2019 - VII ZR 93/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Über die Abnahme von Leistungen streiten Parteien im Rahmen von Architektenleistungen meist trefflich. Besonders wenn keine formale Abnahme durchgeführt wurde, bestehen häufig unterschiedliche Auffassungen, wann die Leistungen eines Architekten abgenommen wurden. Für den Architekten stellt sich hier eine existenzielle Frage: Denn erst mit der Abnahme wird seine Schlussrechnung fällig und erst mit der Abnahme beginnt die Gewährleistungsfrist zu laufen. Möchte der Architekt nicht ewig auf sein Geld warten oder auf unabsehbare Zeit haften, sollte er ein hohes Interesse haben, die Abnahme seiner Planungsleistungen und deren Zeitpunkt genauestens zu dokumentieren.

Für den in der Praxis so häufigen Fall, dass keine formale Abnahme durchgeführt wurde, stellt sich die Frage, ob der Auftraggeber ggf. die Leistungen des Architekten konkludent - also durch schlüssiges Verhalten - abgenommen hat. Das OLG Koblenz hatte die Frage zu beantworten, ob eine konkludente Abnahme nach Fertigstellung des geplanten Hauses in der Nutzungsaufnahme gesehen werden kann. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Architekt wurde von dem Bauherrn mit der Objektplanung und Bauüberwachung eines Wohnhauses, der Freianlagen und der raumbildenden Ausbauten, Leistungsphasen 1 bis 8 HOAI, beauftragt. Nach dem Bau des Wohnhauses erfolgte der Einzug. Auch die Schlussrechnung des Architekten wurde vollständig gezahlt. In den folgenden Jahren zeigten sich Mängel, für die der Bauherr den Architekten in Anspruch nehmen wollte. Dieser wandte jedoch Verjährung der Gewährleistungsansprüche ein. Dem hielt der Bauherr u.a. entgegen, dass die Gewährleistungsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen habe, weil die Leistungen des Architekten nie abgenommen worden seien. Dies auch aus dem Grunde, dass der Architekt gar nicht alle geschuldeten Leistungen - hier die Abnahme der Gewerke - erbracht habe, ferner sei die Bauüberwachung arglistig nicht durchgeführt worden.

Das OLG erkannte - wie bereits die Vorinstanz - dass nach Beendigung der Tätigkeit des Architekten, durch den Einzug des Bauherrn, die Zahlung der Schlussrechnung und den Ablauf einer sechsmonatigen Prüffrist ohne jegliche Beanstandungen eine konkludente Abnahme der Leistungen des Architekten zu erkennen sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Architekt noch nicht alle Teilleistungen der Leistungsphase 8 erbracht hatte. Insoweit komme es im Rahmen der Abnahme nur auf die Vorstellung des Bauherrn an, ob dieser die ordnungsgemäße Erbringung der Leistungen als gegeben erachtet (so sah es übrigens auch das Berliner Kammergericht in einem Beschluss vom 28.4.2016).

Den Architekten hatte im Übrigen letztlich nur eine Streitverkündung gerettet, die unzulässig war und somit die Verjährung nicht hemmen konnte. Architekten ist daher grundsätzlich zu raten, neben einer sauberen Dokumentation der einzelnen Leistungen, den Bauherrn immer auch zu einer förmlichen Abnahme unter Fristsetzung beweisbar aufzufordern. Denn auf sein Glück sollte sich der Architekt im Rahmen seiner Schlussrechnung und seiner Haftung nicht verlassen.

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