Wann wurde die Bauleistung des Architekten durch schlüssiges Bauherrnverhalten abgenommen?
(OLG Schleswig IBRRS 2019, 1082)
Die Abnahme des Architektenwerks ist nicht nur für die Fälligkeit des Honorars von besonderer Wichtigkeit sondern auch für die Verjährung der Gewährleistungsansprüche des Bauherrn gegen den Architekten. Nur allzu oft findet eine ausdrückliche Abnahme nicht statt. Wann stattdessen eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten vorliegt, hatten zuletzt das OLG Schleswig sowie anschließend der BGH zu entscheiden.
In dem Rechtsstreit ging es um folgenden Sachverhalt:
Die Bauherren beauftragten einen Architekten mit der Planung und Bauüberwachung eines Einfamilienhauses. Nach der Errichtung wurden durch einen Sachverständigen zahlreiche Mängel festgestellt, die auf mangelhaften Planungs- und Bauüberwachungsleistungen beruhten. Der Architekt wurde daraufhin gerichtlich in Anspruch genommen. Eine ausdrückliche Abnahme durch die Bauherren hatte es nicht gegeben. Diese sind vielmehr nach Fertigstellung in das Haus eingezogen und haben die Schlussrechnung des Architekten umgehend bar bezahlt. Im zu entscheidenden Rechtsstreit wandte der beklagte Architekt Verjährung der Mängelansprüche ein. Streitentscheidend war für das Gericht somit der Zeitpunkt der Abnahme. Da eine ausdrückliche Abnahme nicht vorlag musste das Gericht prüfen, wann genau eine schlüssige Abnahme vorliegt.
Das OLG kam zu dem Ergebnis - welches der BGH bestätigte - dass die Ansprüche gegen den Architekten nicht verjährt sind.
Zunächst hat das Gericht zutreffend festgestellt, dass in dem von Raum zu Raum Gehen der Bauherren und dem Äußern, dass alles nach ihren Vorstellungen sei, keine ausdrückliche Abnahme der Architektenleistungen liege. Betroffen können durch ein solches Vorgehen nur die Bauleistungen sein. Sodann widmete sich das Gericht den Voraussetzungen der schlüssigen Abnahme.
Diese setzt zunächst voraus, dass das Architektenwerk überhaupt abnahmefähig ist, d.h. die wesentlichen Leistungen müssen mangelfrei erbracht worden sein, vgl. auch BGH, Urt. v. 20.02.2014 - VII ZR 26/12. Zweite Voraussetzung ist ein schlüssiges Verhalten des Bauherrn, das die Leistung des Architekten im Wesentlichen als vertragsgemäß anerkennt. Der Lauf der Frist kann erst nach einer dem Bauherrn zuzugestehenden Prüffrist zu laufen beginnen, die bei Architektenleistungen sechs Monate beträgt, vgl. BGH Urt. v. 26.09.2013 - VII ZR 220/12.
Sodann stellte das Gericht fest, dass sich eine schematische Einordnung verbiete, wann eine Billigung des Architektenwerks durch den Bauherrn vorliege. Als Billigungshandlung komme hier grundsätzlich die Zahlung auf die Schlussrechnung des Architekten in Betracht. Mit der Stellung der Schlussrechnung gibt der Architekt dem Bauherrn zu erkennen, dass seine Leistungen vollständig abgeschlossen sind. Im hier zu entscheidenden Fall, kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Leistungen nicht vollständig erbracht waren. Der Architekt schuldete nach Auffassung des Gerichts auch die Leistungsphase 9. Diese war aber frühestens beendet, als die Gewährleistungsfristen bezüglich der Bauleistungen abgelaufen waren. Erst dann hätte das Werk als fertiggestellt an die Bauherren übergeben werden können und nach einer Prüffrist und Zahlung der Schlussrechnung eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten angenommen werden können. Im Ergebnis war somit im Zeitpunkt der Klageerhebung die Gewährleistungsfrist noch nicht abgelaufen, weshalb der Architekt für seine Mängel haftete. Der BGH bestätigte dieses Urteil, indem die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde abgewiesen wurde.
Hieraus lässt sich für Architekten nur wiederholt betonen, dass bereits in der Vertragsgestaltung das Thema Abnahme - etwa durch Stufenbeauftragung - konkret geregelt werden sollte. Für Verträge seit dem 1.1.2018 besteht zudem die Möglichkeit des Architekten eine Teilabnahme nach der Erbringung der letzten Bauleistung zu verlangen, vgl. unserer Artikel zu § 650s BGB
In unserem nächsten Beitrag werden wir uns mit dem Thema der Honorarzone und einem Urteil des Kammergerichts hierzu befassen (KG Urt. v. 19.06.2018 - 7 U 33/17)