Brandschutzmaßnahmen gemeinsam planen
Der planende Architekt und das ausführende Trockenbauunternehmen stehen im Spannungsfeld zwischen Planungstiefe, Schnittstellenkoordination und Ausführungsqualität bei der Umsetzung baulicher Brandschutzmaßnahmen mit Trockenbausystemen.
Der bauliche Brandschutz im Ausbau wird im Wesentlichen mit Trockenbaumaßnahmen umgesetzt. Die Bildung von Brandabschnitten, der Schutz von Flucht- und Rettungswegen, die Kapselung von Installationen der Haustechnik sowie der Erhalt der Tragfähigkeit von Stahlbauteilen sind ohne Trockenbaulösungen nicht wirtschaftlich realisierbar. Brandschutztechnisch klassifizierte Trockenbauwände, nichttragende Brandwände, Vorsatzschalen und Schachtwände bilden horizontal raumabschließende Bauteile.
Unterdeckensysteme und Deckenbekleidungen wirken in Verbindung mit der Roh-decke oder selbständig, sie kapseln Brandlasten im Deckenhohlraum oder schützen darin verlaufende Installationen sowie die Rohdecke vor einem Brand im Raum unterhalb. Durch Bekleidung mit Trockenbauplatten wird der Funktionserhalt von Installatio-nen und tragenden Bauteilen gewährleistet. Feuerwiderstände von F 30 bis F 90 sind problemlos zu realisieren, mit Sonderkonstruk-tionen auch darüber hinaus.
Der Planer sieht sich einer sehr großen Anzahl an Lösungen für alle erdenklichen Anwendungsbereiche gegenüber, von Standardkonstruktionen bis hin zu speziellen Nischenanwendungen. Dies ermöglicht ihm einerseits die Umsetzung vielfältiger Brandschutzanforderungen unter Auswahl einer für seine spezifische Planungsaufgabe optimalen Lösung. Andererseits ist es für einen nicht auf Brandschutz spezialisierten Fachplaner schwierig, den Überblick über die verfügbaren Systeme zu behalten. Diese alle im Detail zu kennen, ist unmöglich.
Insofern ist es nicht verwunderlich, dass das Fachwissen von Architekten/Planern im Bereich Trockenbau von Trockenbau-Fachunternehmen im Rahmen einer vom Autor durchgeführten Umfrage überwiegend mit Mittel bis Gering eingeschätzt wurde. Keine der befragten Firmen bewertete das Fachwissen mit Sehr Gut. Es ist zu befürchten, dass bei einer umgekehrten Befragung von Planern hinsichtlich der fachlichen Kompetenz von Trockenbauunternehmen ähnliche Ergebnisse erzielt würden – die gegenseitige Wertschätzung ist leider nicht besonders ausgeprägt.
Die grundsätzliche Wissenssituation der Architekten im Bereich Trockenbau dürfte sich zwar inzwischen sukzessive verbessert haben, dazu parallel haben allerdings auch die Komplexität und systemspezifische Besonderheiten von Brandschutzkonstruktionen im Trockenbau zugenommen.
Hierin liegt ein nicht zu unterschätzendes Risiko: Die verfügbaren Lösungen unterscheiden sich selbst bei täglich zur Anwendung kommenden Standardsystemen von Systemgeber zu Systemgeber, wie z. B. brandschutztechnisch klassifizierten Trockenbau-Flurwänden in F 30, nicht nur durch die herstellerspezifischen Baustoffe, sondern auch durch unterschiedliche Ausführungsdetails. Dies bedeutet in der Praxis, dass im Rahmen der Bauleitung und Bauüberwachung jeder Bestandteil einer Trockenbaukonstruktion mit Brandschutzanforderungen sowie die Ausführungs- und Anschlussdetails auf Konformität mit dem Verwendbarkeitsnachweis überprüft werden müssten. Bei vereinzelt verbauten Sonderkonstruktionen mit hoher Sicherheitsrelevanz, z. B. Brandwänden, kann der Planer dies zeitlich und fachlich auf Grundlage der Produktunterlagen und Verwendbarkeitsnachweise problemlos managen. Bei den vielen an sich „bekannten“ Standardkonstruktionen ist der hierfür erforderliche Aufwand im Rahmen der Gesamtaufgaben dagegen kaum zu realisieren.
Wie tritt man diesem Problem – mit dem übrigens das Trockenbau-Fachunternehmen wie der Baustoffhandel gleichermaßen zu kämpfen haben – entgegen?
Ein Ansatz ist, dass aktuell die Fachunternehmerverbände versuchen, die Normung von Standardkonstruktionen im Trockenbau voranzutreiben, so dass Planer und Ausführende bei diesen einfachen, aber weit verbreiteten Systemen nicht mit wechselnden Details oder herstellerspezifischen Baustoffen konfrontiert sind. Eine entsprechende Ergänzung A1 des Teils 4 der DIN 4102 mit praxisüblichen Konstruktionen und Details im Trockenbau, Schwerpunkt Gipsplatten--
Metallständerwände, wurde erarbeitet. Mit der Veröffentlichung ist 2018 zu rechnen.
Eine vertiefte Normung allein ist für die Planung und Überwachung funktionsfähiger Brandschutzkonstruktionen in Trockenbauweise aber keinesfalls ausreichend. Von essentieller Bedeutung für eine hohe Planungs- und Ausführungsqualität ist ein stärkeres „Miteinander“ von Planer und Ausführendem. Während der Architekt, neben der Verantwortung für die Gestaltung, einen fachlichen Überblick über alle Gewerke einer Baumaßnahme haben muss, sind die Bauleitung und die Obermonteure der Fachfirmen ausgewiesene Spezialisten im Trockenbau, mit fundiertem Wissen über Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen Systeme, der jeweiligen Besonderheiten und Details. Dieses Fachwissen sollte der Planer nicht unterschätzen, sondern vielmehr als eine Grundlage für seine Entscheidungen und Planungsleistungen nutzen. Die Frage, in welchem Umfang sich die Architekten und Planer von den Trockenbaufirmen beraten lassen, um im Dialog die optimale Lösung zu erzielen, wurde zu einem Fünftel mit Nie oder Selten beantwortet (immerhin von der Hälfte jedoch mit Oft/Sehr oft). Hier sieht der Verfasser noch Ausbaupotential!
Die Erforderlichkeit der fachlichen Beratung ist letztendlich abhängig von der Komplexität des Bauvorhabens und der Art der zu erbringenden Leistung. Gerade im Bereich kniffliger Brandschutzlösungen sollte der Planer sich nicht scheuen, verstärkt auf die Expertise der beauftragten Fachfirmen zurückzugreifen. Gegenseitiges Verständnis und partnerschaftlicher Umgang führen zu reibungslosen Bauabläufen und funktionierenden technischen Lösungen. Die gewerkeübergreifende Planungskompetenz und -verantwortung bleibt dabei selbstverständlich beim Architekten.
Das partnerschaftliche Miteinander von Planung, Bauleitung und Trockenbau-Fachunternehmen ist vor allem bei der Umsetzung anspruchsvoller, hochinstallierter Gebäude Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg der Baumaßnahme. Die Flächen von raumabschließenden Trockenbausystemen, wie Wände, Vorsatzschalen und Decken, sind verhältnismäßig einfach auszubilden. Besondere Beachtung verdienen die Anschlüsse, Einbauten wie Türen und Klappen und vor allem die Durchführung von Installationen.
Für die Erstellung von brandschutztechnisch klassifizierten Trennbauteilen ist das Vorliegen einer Durchbruchsplanung erforderlich. Eine Vielzahl von Installationen durchdringen Trockenbausysteme oder werden in deren Hohlräumen geführt. Wenn es in der Planung nicht gelingt, die Schnittstellen der Haustechnikgewerke mit dem raumbildenden Ausbau/Trockenbau vorauszuplanen und im Rahmen der Ausführung auf dieser Grundlage zu koordinieren, sondern „baubegleitend“ geplant wird, so ist ein Scheitern meist vorprogrammiert. Als Ursachen für die häufigsten Störungen im Bauablauf von Trockenbauleistungen werden zusätzliche Leistungen, fehlende oder unvollständige Planunterlagen sowie lückenhafte oder unklare Leistungsbeschreibungen am häufigsten genannt, darauf folgen schlechte Transportwege auf der Baustelle, innerbetriebliche Gründe oder Materialengpässe und Lieferprobleme.
Ein gutes Beispiel für den Mehrwert einer engen Zusammenarbeit zwischen Planer und Trockenbauer zeigt die Detailabstimmung zu einem Brandwandanschluss im Neubau des ADAC in München. Die Brandwand war unmittelbar an einer Gebäudetrennfuge mit einigen Zentimetern vertikalem Versatz auf der niedrigeren Gebäudeseite anzuordnen. Hierdurch ist die bei Brandwänden essentiell erforderliche Verschraubung mit dem Anschlussprofil am Wandfuß einseitig nicht realisierbar (Abb. 3). Das Wissen um dieses Anschlussdetail – das von üblichen Trockenbauanschlüssen abweicht – kann auch von einem kompetenten Planer nicht erwartet werden. Statt einfach darauf los zu bauen, hat die Bauleitung des ausführenden Trockenbauunternehmens die Abweichung erkannt und dem Planer kommuniziert. Gemeinsam wurden verschiedene Lösungsmöglichkeiten erarbeitet, letztendlich entschied sich der Planer in Abstimmung mit dem Brandschutzsachverständigen für eine Aufmauerung unterhalb der Trockenbau-Brandwand (Abb. 4). Mitdenken, Kommunikation und gemeinsame Problemlösung anstatt späteren Rückbaus oder unerkannten Brandschutzmangels.
Im Bereich von Installationsdurchführungen (Kabelkanäle, Rohrleitungen, Lüftungsleitungen, etc.) durch Bauteile darf verständlicherweise kein Metallprofil angeordnet sein. Dies betrifft im Besonderen Trockenbauwände oberhalb planmäßig vorhandener Einbauten (Türen, Fenster, Durchreichen, Tragständer, Verstärkungen, etc.), da hier meist verstärkte Metallprofile des Typs UA zum Einsatz kommen. Diese können aus statischen Gründen nicht ohne weiteres entfernt, gekürzt oder ausgewechselt werden. Besonderer Aufmerksamkeit bedarf auch die Ausführung von Durchdringungen bei Wänden mit gleitenden Deckenanschlüssen.
Bei Kenntnis der geplanten Leitungsführung (Art, Anordnung, Abmessung) kann die Metallunterkonstruktion durch die ausführende Trockenbaufirma einfach hinsichtlich Anordnung und Typ der Ständerprofile und der Auswechselungen vorab montiert werden. Dies wird in der Baupraxis, z. B. durch Umplanungen, zwar nie vollumfänglich gelingen, aber bei Vorliegen einer realistischen Durchbruchsplanung werden kritische Konflikte frühzeitig erkannt und vermieden, die Anzahl erforderlicher nachträglicher Anpassungen und Änderungen wird minimiert.
Eine nachträgliche Anpassung von Trockenbausystemen an Durchdringungen ist generell mit Mehraufwand und damit Mehrkosten verbunden. Der Aufwand kann in Abhängigkeit der jeweiligen Durchdringungssituation und der erforderlichen Detailausbildung erheblich sein, unter Umständen sind verwendbarkeitsnachweiskonforme Lösungen im Nachhinein nicht mehr zu erzielen.
In den Abbildungen 1 und 2 ist gut zu erkennen, mit welchem baulichen Aufwand die zusätzliche Führung bzw. Umlegung nur eines Leitungsstrangs durch eine Brandwand in Trockenbauweise verbunden ist. Die Wand ist großflächig zurückzubauen, die Blecheinlagen sind „sardinenbüchsenartig“ abzuschälen, um die erforderliche Auswechselung montieren zu können. Die Kosten hierfür dürften annähernd vierstellig sein, ob der anschließend wieder hergestellte Zustand verwendbarkeitsnachweiskonform ist (z. B. erforderliche Blechüberlappung), sei dahingestellt. Bei einer Wand im Estrich wäre eine entsprechende Nachrüstung nur mit parallelem Estrichabbruch realisierbar gewesen. Warum musste die Wand vom Trockenbauunternehmen beidseitig fertig beplankt montiert werden, obwohl die Haustechnikplanung nicht abgeschlossen war? Was wird hierdurch beschleunigt?
Ausführungspläne für Trockenbauwände ohne Angaben zu Durchbrüchen sind bei hochinstallierten Gebäuden nicht ausführungsreif und entsprechen nicht den Allgemein anerkannten Regeln der Technik. Angaben zur Ausführung müssen Anzahl, Art, Lage und Ausbildung von herzustellenden oder zu schließenden Aussparungen enthalten (vgl. Abschnitt 0.2.10 der VOB, Teil C: ATV DIN 18340, Trockenbauarbeiten).
Die immensen technischen und wirtschaftlichen Negativfolgen bei nicht ausreichender Planung der komplexen Gebäudetechnik hochinstallierter Gebäuden mit der zugehörigen Leitungsführung, Lage, Ausführung und Abschottung von Durchdringungen sind hinreichend bekannt (z. B. Flughafen Berlin). Der Verfasser war als Gutachter bereits mehrfach in entsprechende Fragestellungen involviert. In allen Fällen kam das Gericht bzw. ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu der Auffassung, dass eine unzureichende Schnittstellenplanung mangelursächlich ist. Nicht umsonst wird der Einsatz digitaler integraler Planungsinstrumente (BIM – Building Information Modeling) von den zuständigen Bundesministerien und baulichen Interessenverbänden aktiv vorangetrieben.
Der Verfasser ist sich bewusst, dass der Planer hier vielfach Getriebener der Erwartungen von Bauherren, Betreibern und Inves-toren sowie damit entsprechend unrealistischer Ablaufpläne ist. An sich schon ambitionierte Terminpläne werden durch Entscheidungsträgheit und/oder umfassende Änderungswünsche des Bauherrn obsolet. Der in Folge gängigen Praxis, den Termindruck auf die ausführenden Fachunternehmen zu erhöhen, obwohl weder die Ausführungsplanung noch die Baustellenbedingungen mit den Erfordernissen Schritt halten, entziehen sich gerade gute Trockenbauunternehmen immer häufiger. Sie fordern die geschuldeten Vorleistungen nach der HOAI und gemäß der für ihre Aufgabe geltenden Allgemein anerkannten Regeln der Technik ein und werden vorher, zum Schutz des eigenen Unternehmens, nicht bzw. nur eingeschränkt aktiv.
Es ist jedem Planer bewusst, dass z. B. ein Krankenhaus einen anderen Planungsvorlauf benötigt als ein Bürogebäude. Konsequenterweise muss auch der Planer die erforderlichen Zeiten beim Bauherrn einfordern, um Planungsmängeln, liederlicher Ausführungsqualität und am Ende dann einer doch nicht fristgerechten Fertigstellung mit erheblichen Mehrkosten vorzubeugen. Die Zusammenhänge sind hinreichend bekannt.
Ausreichende Planungszeit kann genutzt werden, um mit den Fachunternehmen gemeinsam die wirtschaftlichsten Lösungen zu erarbeiten und Schnittstellenkonflikte im Rahmen der Ausführung zu vermeiden. Bei Brandschutzmaßnahmen mit Trockenbausys-temen – und ohne die geht es heutzutage nicht mehr – gehören der Architekt, das Trockenbaufachunternehmen und die Haustechnikgewerke an einen Tisch. Gegenseitiges Verständnis, Zuhören und die Entwicklung gemeinsamer Lösungen unter Moderation und Planungshoheit des Architekten führen in der Regel zu den effektivsten Lösungen, im Sinne aller Beteiligter und des Bauherrn. Auch die angestrebten BIM-unterstützten Planungsprozesse werden nach wie vor einen entsprechenden Planungsvorlauf und ein Miteinander auf der Baustelle benötigen! Jeder Architekt und Planer kann sich fragen, wie weit er bereits heute eine partnerschaftliche Kommunikation mit den ausführenden Trockenbau-Fachunternehmen pflegt. In Kombination mit bauphysikalischen Anforderungen und gestalterischen Besonderheiten ist der Trockenbau keinesfalls eine Low-tec-Bauweise, sondern steht in der Komplexität anderen Gewerken, z. B. der Haustechnik, in nichts nach. Es lohnt sich, mit den fachlich versierten Bauleitern und Polieren lösungsorientiert zusammen zu arbeiten. Letztendlich lassen sich dadurch Planungs- und Ausführungsmängel reduzieren, die aktuell, bei in etwa paritätischer Aufteilung, ca. 2/3 der Fehler im Brandschutz verursachen. Bei der Verteilung der Fehlerquellen fallen etwa je ein Drittel auf Planungs-, Ausführungs- sowie Betriebs- und Nutzungsfehler. Ca. 5 % der Fehler liegen Produktmängel zugrunde. Auf das letzte Drittel, Fehler während der Betriebs (unzulässige Nachinstallationen, Wartungsmängel, Außerkraftsetzung von Feuerschutzabschlüssen, Zubau von Rettungswegen, etc.) hat der Ausführende keinen Einfluss, der Planer nur bedingt. Ansätze gibt es hier zumindest bei der digitalen Erfassung sämtlicher Durchbrüche, die auch im Nachhinein, z. B. bei Nachinstallationen, Auskunft über deren Rahmenbedingungen (Typ, Belegung, Verwendbarkeitsnachweis, etc.) geben kann.
Der Verfasser möchte keinesfalls dem Planer den „Schwarzen Peter“ zuschieben. Er kennt viele Beispiele eines gelungenen Miteinanders von Architekt und Trockenbauunternehmen, in denen die beiderseitigen Kompetenzen im Sinne des Bauvorhabens genutzt wurden. Nicht unbedingt als Busenfreunde, aber keinesfalls als Fremde. Vielleicht wäre es nun an der Zeit, auch beim (öffentlichen) Bauherren eine gewisse Kompetenz für Planungsabläufe und erforderliche zeitliche wie wirtschaftliche Ressourcen einzufordern – hier „fremdelt“ er noch häufig.
Literatur
[1] Gütegemeinschaft Trockenbau e.V.: Merkblatt 03/2016, Schnittstellen im Trockenbau – Notwendige Vorleistungen des Auftraggebers