Honorarvereinbarung per E-Mail?
OLG Celle, Urteil vom 01.04.2020, Az.: 14 U 185/19Vor wenigen Tagen entschied das Oberlandesgericht Celle einen Streit bezüglich der Vergütungsabrede für Architekturleistungen, der gerade in diesen Corona-Tagen besondere Bedeutung gewinnt.
Für das Bauvorhaben des Auftraggebers ließ dieser sich zunächst einen Entwurf für die Fertigstellung des Bauantrags durch den Architekten erstellten. Daraufhin übermittelte der Architekt dem Auftraggeber per E-Mail sein Pauschalangebot.
In der E-Mail hieß es lediglich „Die Architektenkosten für den Bauantrag betragen off. nach HOAI 28.843,44 Euro netto. Ich würde Ihnen einen Nachlass von 30% anbieten.“ Darauf antwortete der Auftraggeber ebenfalls per E-Mail mit den Worten „gutes Angebot, bitte schnell fertig machen.“ Der Architekt erbrachte die Leistung und verlangte im Anschluss Zahlung der Vergütung. Der Auftraggeber weigerte sich jedoch zu bezahlen, da er die Vereinbarung formell wie inhaltlich für unwirksam hielt.
Das Landgericht Hannover hatte bereits im August 2019 geurteilt, dass sich aus dieser kurzen Korrespondenz zwischen den Parteien ein zu vergütendes Vertragsverhältnis ergeben hatte. Der verklagte Auftraggeber legte hiergegen jedoch Berufung ein, weshalb der Fall nun in der 2. Instanz vom OLG Celle erneut verhandelt und entschieden wurde.
Dabei bestätigte das OLG Celle das Urteil des Landgerichts Hannover und verurteilte den Auftraggeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung. Ebenso wie schon das Landgericht Hannover führte es aus, dass die E-Mails der Parteien einerseits als Angebot zum Abschluss eines Architektenvertrages und anderseits als Annahme des Angebots anzusehen seien.
Entscheidend war für das Gericht dabei nicht der Wille des Erklärenden, sondern der objektive Erklärungswert, d.h., wie der Empfänger die Erklärung verstehen musste. Ein Vertrag war also zustande gekommen.
Ebenfalls bestätigt wurde die Rechtsauffassung des Landgerichts Hannover, dass die vertraglich vereinbarte Honorarvereinbarung wegen Unterschreitung der Mindestsätze nicht gegen das Preisrecht der HOAI (§ 7 Abs. 5 HOAI) verstößt. Das HOAI-Preisrecht mit seinen Mindest- und Höchstsätzen wurde mit Entscheidung des EuGHs vom 04. Juli 2019 (Rs. C-377/17) als europarechtswidrig eingestuft und wird in der Folge, wegen des Anwendungsvorbehalts des Europarechts, von den nationalen Gerichten nicht mehr angewendet. (vgl. OLG Celle 14 U 198/18 und 14 U 96/19)
Ferner bestätigte das OLG Celle auch die Auffassung der I. Instanz, dass eine Angebotsunterbreitung als auch die Angebotsannahme, hier im konkreten Fall eines pauschalen Angebots, per E-Mail und damit entgegen der Bestimmung zur Schriftform aus § 7 Abs. 1 HOAI erfolgen durfte. Auch diese Norm wird aufgrund der Entscheidung des EuGHs durch die Gerichte nicht mehr herangezogen, denn die in § 7 Abs. 1 HOAI getroffenen Regelungen zur Form dienen allein dem nun nicht mehr legitimen Ziel, eine Abweichung von den Mindest- und Höchstsätzen zu erschweren. Folglich können nun die Parteien im Rahmen ihrer Privatautonomie bestimmen, zu welchen Bedingungen und welchem Zeitpunkt sie einen Vertrag schließen möchten und ob dieser schriftlich geschlossen werden soll.
Eine abschließende Entscheidung des BGH oder auch des EuGH zur Anwendbarkeit der HOAI-Mindest-und Höchstsätze zwischen Privaten ohne EU-Auslandsbezug steht noch aus. Bis dahin gilb es aber leider die Uneinigkeit in der Rechtsprechung der Instanzgerichte, über die wir schon mehrfach berichteten. Wer – so wie hier das OLG Celle – die Auffassung vertritt, dass die HOAI-Mindestsätze nicht mehr angewandt werden dürfen wendet auch das Schriftformerfordernis für Honorarvereinbarungen nicht mehr an. Da die rechtliche Situation aber bislang nicht geklärt ist, muss allen Architekten/Ingenieuren bei HOAI-relevanten Leistungen dazu geraten werden, Honorarvereinbarungen weiterhin schriftlich abzuschließen, auch wenn das in diesen Zeiten schwierig sein kann.