Tätigkeit als Bauleiter begründet kein Honorar nach LPH 8 HOAI
OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 11.05.2023 – 22 U 19/22; BGH, Beschluss v. 15.05.2024 – VII ZR 118/23 (Nichtzulassungsbeschwerde abgewiesen)Ein Architekt wird für Planungsleistungen und u.a. als „Bauleiter“ nach der Landesbauordnung beauftragt. Nach der Kündigung des Architektenvertrages und der Stellung der Schlussrechnung klagt der Architekt sein Honorar u.a. für die Grundleistungen der Leistungsphase 8 HOAI – der Bauüberwachung – ein. Vor Gericht hatte er jedoch keinen Erfolg.
Der Architekt konnte nicht nachweisen, dass er mit den abgerechneten Grundleistungen der Leistungsphase 8 HOAI beauftragt worden ist. Der Auftraggeber wandte dagegen ein, dass der Architekt insoweit nur als Bauleiter im Sinne der Landesbauordnung Pflichten übernehmen sollte. Die Leistungen und die dafür vorgesehene Vergütung zwischen den Grundleistungen der Bauüberwachung in der Leistungsphase 8 sowie den Leistungen eines Bauleiters nach der Landesbauordnung unterscheiden sich erheblich.
Die Grundleistungen der Leistungsphase 8 umfassen unter anderem:
- das Überwachen der Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung mit der öffentlich-rechtlichen Genehmigung oder Zustimmung, den Verträgen mit ausführenden Unternehmen, den Ausführungsunterlagen, den einschlägigen Vorschriften sowie den allgemein anerkannten Regeln der Technik;
- das Überwachen der Ausführung von Tragwerken mit sehr geringen und geringen Planungsanforderungen auf Übereinstimmung mit dem Standsicherheitsnachweis;
- das Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten;
- das Aufstellen, Fortschreiben und Überwachen eines Terminplans;
- die Dokumentation des Bauablaufs;
- das gemeinsame Aufmaß mit den ausführenden Unternehmen;
- die Rechnungsprüfung einschließlich der Prüfung der Aufmaße der bauaufsichtsführenden Unternehmen;
- der Vergleich der Ergebnisse der Rechnungsprüfungen mit den Auftragssummen einschließlich Nachträgen;
- die Kostenkontrolle durch Überprüfen der Leistungsberechnung der bauausführenden Unternehmen im Vergleich zu den Vertragspreisen;
- die Kostenfeststellung;
- die Organisation der Abnahme;
- der Antrag auf öffentlich-rechtliche Abnahme und die Teilnahme daran;
- die systematische Zusammenstellung der Dokumentation, zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts;
- die Übergabe des Objekts;
- das Auflisten der Verjährungsfristen für Mängelansprüche und das Überwachen der Beseitigung der bei der Abnahme festgestellten Mängel (vgl. Anlage 10 Nr. 10.1 zu § 34 HOAI).
Sowohl das Landgericht Darmstadt als auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main kamen zu dem Ergebnis, dass der Architekt nur als Bauleiter nach der Landesbauordnung und nicht als Bauüberwacher im Sinne der Leistungsphase 8 der HOAI beauftragt worden war und somit auch nicht das Honorar für die Grundleistungen der Leistungsphase 8 abrechnen durfte.
Die Tätigkeit des Bauleiters nach der Landesbauordnung stellt im System der HOAI eine besondere Leistung dar. Im entschiedenen Fall scheiterte ein grundsätzlich gegebener Honoraranspruch des Architekten an der „Rechtstechnik“ vor Gericht. Er konnte seine Tätigkeit und/oder ein dafür vereinbartes oder ortsübliches Honorar scheinbar nicht ausreichend nachweisen. Da solche Fälle, in denen das Leistungssoll unklar ist, immer wieder vorkommen und zu Streit bei der Abrechnung führen können, empfiehlt es sich stets das Leistungssoll und die hierauf entfallende Vergütung konkret im Architektenvertrag zu regeln. Dies schafft Rechtssicherheit für beide Vertragsseiten.