Die Kommuninkativen: AG Urban
Diese jungen Kollektive sitzen selten im Büro, sondern schwärmen
aus, um aktiv im städtischen Raum oder im Ausland mitzugestalten.
AG.URBAN beschäftigt sich mit der Entwicklung neuer Strategien für den Stadtraum, sowie für Wohnformen und Beteiligungsprozesse. Wir haken nach.
Was bedeutet für euch Engagement? Engagement ist die Grundlage unserer Arbeit. Als unsere Aufgabe verstehen wir, einen Grundstein zu legen: zu erklären, zu vermitteln, zu visualisieren, auszuhandeln und umzusetzen.
Wenn wir Menschen an stadtentwicklungsrelevanten Themen beteiligen, dann erwarten wir, dass sich ernsthaft mit dem Thema auseinandergesetzt wird. Dazu gehört zu verstehen: Was ist der Beteiligungsgegenstand? Was sind sachliche und fachliche Rahmenbedingungen? Was ist die eigene Rolle und die der anderen? Dafür müssen wir angemessene Formen der Kommunikation entwickeln und anwenden. Engagement bedeutet, nicht passiv zu konsumieren und am Ende die Not-in-my-Backyard-Fahne zu schwenken. Was aber nicht heißen soll, dass man sich nicht engagieren kann, weil man gegen etwas ist. Engagement muss am Ende wertgeschätzt werden: von der Zivilgesellschaft, den Ämtern und der Politik. Gleichzeitig sollte auch nicht suggeriert werden, dass man nur laut und lang genug schreien muss, um seinen Willen durchzusetzen. Engagement braucht Verbindlichkeit, Regeln und Transparenz. Um Engagement muss man nicht bitten. Die Menschen, die sich engagieren wollen, tun dies auch. Wir sorgen dabei für einen angemessen Rahmen.
Auf welchem Weg akquiriert ihr Aufträge? Wir bewerben uns meist auf Ausschreibungen. Mit der Zeit kommen aber auch mehr und mehr öffentliche und private AuftraggeberInnen auf uns zu und fordern uns zur Abgabe eines Angebots auf. Das zeigt, wie wichtig gute (Netzwerk-)Arbeit, eigenes Engagement und die damit verbundene Weiterempfehlung ist.
Mit welchem eurer Projekte identifiziert Ihr euch am meisten? Zunächst einmal identifizieren wir uns mit allen Projekten, auf die wir uns bewerben. Wir diskutieren gemeinsam, ob ein Projekt zu uns passt. Die Identifikation mit einem Projekt ist und bleibt hoch, wenn wir das Vertrauen der AuftraggeberInnen haben und innerhalb eines Rahmens frei gestalten können.
Übrigens ist das auch essentiell für gelungene Beteiligung: Erst Respekt, Vertrauen und klare Spielregeln ermöglichen Kooperation zwischen Ämtern, PlanerInnen und der Öffentlichkeit. Beim Kreuzberger Dragonerareal war das zum Beispiel der Fall: Dort führten wir Workshops zur Zukunft urbaner Arbeit und Produktion mit verschiedenen Interessensgruppen und noch mehr Meinungen durch. Daraus erarbeiteten wir Prämissen, die nun in städtebauliche Entwürfe übergegangen sind.
Außerdem freuen wir uns, wenn konkrete bauliche Umsetzungen aus unseren Projekten bleiben: Mit Rasensesseln und gemeinsam mit den NachbarInnen gestalteten Stelen haben wir das Thema des Klimawandels in den Neuköllner Richardkiez gebracht. Wenn die NeuköllnerInnen an diesen Orten innehalten und sich mit dem Thema auseinandersetzen, dann freut uns das.
Was erreicht ihr mit eurer Arbeit? Im Idealfall eine neue Auseinandersetzung mit einem Thema. Wir arbeiten gerne auf konzeptionellen und künstlerischen Ebenen. Nicht selten nutzen wir Mittel des Widerspruchs oder der gezielten Provokation, um einen Perspektivwechsel herbeizuführen. In verschiedenen Berliner Bezirksämtern haben wir den Finger in die Wunde gelegt, indem wir aufgezeigt haben, dass gegenseitiges Informieren der Fachämter nicht ausreicht, um interdisziplinär zu planen und auch noch BürgerInnen einzubinden. In einem Planspiel haben wir dann aufgezeigt, dass die unzähligen „Abstimmungsrunden“ deutlich kooperativer und effizienter genutzt werden können.
Um zum Thema Engagement zurückzukommen: BürgerInnen kommen zu einer unserer urbanen Interventionen, schnappen sich Stadtmöbel und verkehrsberuhigen den Stadtplatz für einen Tag. Wir tragen die Ideen, Fotos und mögliche Konzepte ins Amt und ein paar Monate später wird ein neues Verkehrskonzept für den Kiez ausgeschrieben. Dann haben wir etwas erreicht.