Vierteiler à la OMA in Berlin
oma.eu, kadewe.de

Das KaDeWe ist Kult. Dafür spricht schon sein internationaler Bekannheitsgrad, der es mit den Harrods oder Lafayettes dieser Welt locker aufnehmen kann. Einerseits. Andererseits ist das größte kontinentaleuropäische Kaufhaus – mit einer Verkaufsfläche von sagenhaften 60 000 m² – auch eine Touristenattraktion. Durchschnittlich 50 000 Besucher je Tag deuten darauf hin. Den Status eines Must-Visit in den Fremdenführern dieser Welt hat das Kaufhaus sicherlich auch seiner Lage zu verdanken: direkt an der Tauentzienstraße, gewissermaßen die Verlängerung des Kurfürstendammes und damals noch ganz in der Nähe des für Touristen höchst attraktiven Fern-Bahnhofs Zoo. Die Masse der Laufkundschaft ist allerdings auch ein Problem, schließlich lassen die zumeist jungen Besucher nicht soviel Geld im Kaufhaus, wie es ein solcher Konsum-Tempel benötigt. Und dann ist das Kaufhaus des Westens, das 1907 seine Pforten öffnete, damit angetreten, Kundschaft aus den oberen Zehntausend, ja Tausend, ja Fünfhundert anzulocken. So wird es jedenfalls aus den Anfangsjahren kolportiert.

Der Bau, der seine 100-Jahrfeier 2007 mit großem Promipomp feierte, hat zahllose Umbauten, Neubauten, Erweiterungen und Sanierungen hinter sich. Nun soll das Team um Rem Koolhaas das Haus völlig neu entwickeln. Denn nicht bloß der Massenandrang schaulustiger Touristen macht der Marke KaDeWe zu schaffen, auch die Masse der präsentierten Waren erschöpfte schon Manchen so sehr, dass er am Ende keine Kraft mehr hatte, zu kaufen.

Rem Koolhaas, dessen Forschungen zur gebauten Konsumwelt uferlos und weltumspannend erscheinen – so im Harvard Design School Guide to Shopping oder den zahlreichen Bauten, Inszenierungen oder Konzepten für Prada und Co – will dem Kaufhaus ganz grundsätzlich in die Eingeweide gehen: Er wird – so nach den ersten Konzeptstudien – das kompakte Volumen vierteilen in – und das erscheint nicht ganz genau formuliert – vier „Quadranten“. Das sind allerdings über ein Achsenkreuz bestimmte Flächen. Nun aber Volumen, welche nach einem jeweils eigenen gestalterischen Prinzip individualisiert werden. Die so unterschiedlich markierten Häuser unter einem Dach sollen jeweils unterschiedliche Käufergruppen ansprechen. Schlagworte sind hier klassisch, experimentell, jung, stylisch etc. Die so fragementierte Einkaufswelt splittet das große Ganze auf in kleinere, übersichtlichere Einheiten, vergleichbar mit, wie OMA schreibt, unterschiedlichen Stadtvierteln, die eingebettet sind in ein das Ganze versöhnendes Stadtgewebe. Jeder „Quadrant“ soll einen eigenen Eingang erhalten und wird um einen zentralen „Void“ organisiert. Diese Treppenräume – bei den Niederländern sind das gerne auch „Trajekte“ – versorgen das Innere mit Licht und Luft, sind aber vor allem „vertikale Verteilerräume“. Die werden eher „kuratiert“ und weniger designt und entwickeln sich dem Charakter der vier „Quadranten“ entsprechend individuell.

Über alle neun Geschosse hinweg entwickeln sich die „Void” genannten Kerne unregelmäßig und jede Wiederholung vermeidend als organisch gedachte Behälter.Die „Quadranten“ werden wirklich solche auf den Geschossebenen, wo die Vierteilung über das Achsenkreuz deutlich herausgearbeitet wird. Das konzeptionelle Kreuz soll die Nutzung der Ebene steuern, die Führung der Einkäufer erleichtern, die Übergänge zwischen den vier Einkaufswelten mit ihren unterschiedlichen Marken sichtbar und möglich machen und zugleich das Unerwartete erlauben, das an diesen Schnittstellen – von wem auch immer – „kuratiert“ werden soll.

Das existierende Dachrestaurant, eine Ergänzung des Bestandes aus den 1990er-Jahren, soll einem kompakten Glasvolumen weichen, das organisch aus dem Bestand in die Höhe wachsen wird und über den spektakulärsten „Void“ angeschlossen ist: Wer die letzte Rolltreppe ganz oben verlässt, ist nicht mit Waren, sondern mit einem fantastischen Blick über die Stadt konfrontiert. Wer direkt hierhin will kann einen der beiden Aufzüge nehmen, die vom Bürgersteig aus Menschen bis in die Dachlandschaft fahren. Hier oben wird es einen Außenraum geben, der ein Outdoor-Programm präsentiert wie ebenso „Gastronomie-Labore“. Was die wiederum sein sollen wird nicht verraten, schließlich sind sie „the most exciting and yet most secret spaces of KaDeWe“.

180 Mio. € veranschlagen die Eigner (La Rinascente mit 50,1 %, den Rest hält die Signa-Group) für den Umbau, der schon im Frühjahr 2016 losgehen soll. Möglicherweise wird er einige Jahre dauern. Das Kaufhaus soll während der Umbauzeit nur in Teilen geschlossen werden. Gespannt darf man auch sein, ob der gläserne Dachaufbau genehmigt wird! Wir bleiben dran. Be. K.

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