Wann kann der Architekt eine Überzahlung behalten?
Kammergericht, Urteil vom 15.12.2020, Az. 7 U 89/19; BGH, Beschluss vom 21.04.2021, Az. VII ZR 68/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)Ein Auftraggeber verklagt seinen ehemaligen Architekten auf Rückzahlung von zu viel gezahltem Honorar aus Planungs- und Bauüberwachungsleistungen. Dem Vertrag lag die HOAI 2009 zugrunde. Das Landgericht gab dem Auftraggeber zunächst Recht und verurteilte den Architekten auf Rückzahlung. Die Berufungsinstanz, das Kammergericht, folgte dem Architekten auf seine Einrede der Verjährung und hob das Urteil wieder auf. Die Überzahlung verblieb daher beim Architekten. Wann aber kann von Verjährung der Rückzahlungsansprüche aus Abschlagszahlungen oder Bereicherungsrecht (keine vertragliche Grundlage für eine Zahlung) ausgegangen werden?
Das Kammergericht legt schulmäßig dar, dass Ansprüche auf Rückzahlung überzahlten Architektenhonorars in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren verjähren. Die Frist beginnt am Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Auftraggeber von der Überzahlung Kenntnis erlangt hat oder grob fahrlässig darüber in Unkenntnis war (kurz: wann er es hätte wissen müssen, das eine Überzahlung besteht). In diesem Fall hatte der Auftraggeber seine Verwalterin mit der Rechnungsprüfung beauftragt. Da diese die Überzahlung hätte feststellen müssen (die Leistungsphasen 5, 6, 7 und 8 wurden erkennbar nicht erbracht und trotzdem abgerechnet), handelte sie grob fahrlässig. Diese grobe Fahrlässigkeit war dem Auftraggeber zuzurechnen. Ferner wurde die Verjährung der Rückzahlungsansprüche für jede Teilrechnung gesondert betrachtet, da der Auftraggeber die jeweiligen Überzahlungen aus den Teilrechnung gesondert zum Gegenstand der Klage gemacht hatte und nicht etwa einen Rückzahlungsanspruch in Bezug auf das dem Architekten insgesamt zustehende Honorar.
Die von dem Auftraggeber erhobene Klage kam insgesamt um mehr als ein Jahr zu spät. Ein - sicherlich fragwürdiger - Erfolg für den Architekten aber rechtlich nicht zu beanstanden.
Auftraggeber sind gut beraten, Abschlags-/Teilrechnungen genau zu prüfen und nicht mehr zu zahlen als der abgerechnete vereinbarte Leistungsstand hergibt. Zur Streitvermeidung sollten sich im Streitfall - wenn sich eine Zahlung zu Gunsten des Planungsfortschritts nicht vermeiden lässt - die Verjährungsfristen notiert und nachgehalten werden. Insgesamt ist der Fall sicher nicht pauschal auf andere Fälle anwendbar. Es gibt genauso OLG-Entscheidungen, nach denen die Ansprüche aus Überzahlungen erst mit Stellung der Schlussrechnung entstehen (OLG, Urteil vom 16.01.2014, Az. 3 U 44/13). Auch das Kammergericht bezog sich in einem Nebensatz auf diese Handhabung, wies aber darauf hin, dass die Klage lediglich auf die einzelnen Rückzahlungsansprüche aus den Teilrechnungen abgestellt hatte und nicht etwa auf eine Schlussrechnung. Hier muss der Auftraggeber noch mehr aufpassen, wenn der Architekt in einem solchen Fall der Überzahlung einfach gar keine Schlussrechnung stellt.