Nachdrücklich einmalig
Wie über die eigene Arbeit schreiben? Wie, wenn es zudem die ganze Arbeit sein soll, also das Werk bis dato? Noch scheint das Buch das Medium zu sein, in welchem Architekt:innen ihre Arbeit präsentieren, am besten gleich in mehreren Bänden (führend ist hier – bezogen auf die Zahl der Bände – immer noch Marcus Vitruvius Pollio mit seinen zehn Büchern, die aber heute eher als Kapitel zu verstehen sind und locker in einen Band passen. Ganz anders dagegen die Gesammelten Werke von Richard Meier oder natürlich das voranschreitende Buchwerk Herzog & de Meurons, Renzo Pianos Building Workshop oder die tatsächlich editorisch konfuse, weil immer wieder auf Nebenstrecken geleitete Gesamtausgabe der Arbeiten von gmp usw.).
Zuletzt hatte ich hier, der ich Büromonografien meist nur mit spitzen Fingern anfasse und lieber gar nicht bespreche, den zweiten Band von Buchner Bründler (Bauten II, Park Books) besprochen mit dem Fazit: „Lesearbeit“. Was ich als Auszeichnung in der Monografierezeption verstehe. Lesen und Denken Müssen, das ist auch die Anforderung des ersten Bands einer „Collection“ von Arbeiten aus den ersten 15 Jahren Caruso St. Johns. Eingespannt in ein kurzes Vorwort und ein Interview aus 2019 bieten die Herausgeber (das sind die beiden Architekten) einen sehr nahen, emotionalen, wie immer auch leicht ironischen Blick auf das eigene Schaffen. Wobei Ironie hier der kleine Schritt zurück ist, der nötig ist, die eigene Geschichte noch einmal und vielleicht anders anzuschauen.
Und wie wurde das gemacht? Sehr ungewöhnlich; außer den genannten jüngeren Texten wurden ausschließlich solche ins Buch geholt, die in dem hier dokumentierten Zeitraum entstanden, also längst veröffentlicht sind. Doch – und das ist wohl die Auszeichnung von Werk und Rezeption – wirken diese Texte keinesfalls angestaubt, überholt oder schlicht derart allgemein, dass sie auch in anderen Kontexten zu ge- und damit zu verbrauchen wären. Die eigene Sicht und die der immer in die Arbeit irgendwie Involvierten macht das Gebaute verständlich, das Gebaute, das hier in diesem dicken Buch nicht in einer Chronologie abgearbeitet wird. Die kleinen wie großen Projekte wabern über die Seiten wie in einer größeren Echokammer, mal sehr deutlich, scharf umrissen, dann wieder schemenhaft, eine Folie für Fortschreibungen, eine hauchdünne Trägerschicht von … Geschichten?! Die mehrdimensionale Struktur dieser Schau auf das Bauen spiegelt sehr konkret die Überzeugung der Architekten, dass wir immer mit einem Bezug auf Vergangenheit arbeiten müssen, um etwas Gegenwärtiges so zu bauen, dass es lange im Fluss der kollektiven Geschichte aufgehoben bleibt.
Dass wir hier zudem – und das nicht zufällig – manche heute schon Ikone gewordene Arbeiten anderer Architekt:innen aus dieser Zeit gezeigt bekommen, erzeugt Wehmut. Denn tatsächlich hat einen Großteil der Avantgarde von damals heute Überproduktionshitze ereilt im Bedienen eines begehrlichen Markts, der Singuläres und Marke zugleich glaubt kaufen zu müssen. Ob das für das britische Büro ebenfalls gilt? Die folgenden Bände werden es (hoffentlich sehr bald!) zeigen. Werden sie konzeptionell und in ihrer solide einfachen, buchherstellerisch überdurchschnittlichen Machart so nachdrücklich einmalig wie der hier Vorliegende, kann eigentlich nichts schiefgegangen sein in den Jahren von 2006 bis heute. Mit großartig gezeichneten Plänen, einer ganz eigenen Fotografie, eigenwilligen Texten, einem Stichwort – wie sehr knapp dokumentierendem Werkverzeichnis … Ach ja, darum geht es hier ja auch gar nicht! Be. K.