Aus der Rechtsprechung

Rechtswidrige Werbung als "Institut für Innenarchitektur"

OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2024 - 14 U 64/24

Der Begriff Institut kann als öffentliche Einrichtung, aber auch als private Vereinigung verstanden werden. Wird der Begriff von einer privaten Vereinigung verwendet, muss diese jedoch sicherstellen, dass nicht der Eindruck einer öffentlichen Einrichtung entsteht. Die Fachrichtung Innenarchitektur als wissenschaftlicher Bildungszweig erweckt den Eindruck, es handle sich bei dem Institut um eine öffentliche Einrichtung. Bei einem solchen Institut der Innenarchitektur rechnen die angesprochenen Verkehrskreise mit staatlichen Abschlüssen oder einer dem Studium vergleichbaren Qualifikation.

Der Sachverhalt:

Der Kläger ist ein in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragener und rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, der unter anderem die Aufgabe verfolgt, einen funktionierenden Wettbewerb zu erhalten, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen und den lauteren Geschäftsverkehr zu fördern.

Die Beklagte ist eine GmbH, deren Geschäftsgegenstand des Anbietens von Online-Zertifikatskursen für Interiordesign ist. Sie ist nicht in ein besonderes bzw. entsprechendes Verzeichnis der Architektenkammer Sachsen eingetragen. Auch die geschäftsführenden Personen verfügen nicht über eine Eintragung in der Architektenliste. Die Beklagte bot auf der Internetseite www.institutfuerinnenarchitektur.de unter der Bezeichnung "Institut für Innenarchitektur" online Weiterbildungskurse an. Diese Weiterbildungskurse waren von der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht zugelassen. Bis Ende 2022 verwendete die Beklagte die Bezeichnung "Kurs für Innenarchitektur/Raumgestaltung" sowie die Begriffe "Student/Studentin". Nach erfolgter Abmahnung der Beklagten mit einer Frist zur Unterlassungserklärung bot die Beklagte an, die Begriffe "Student, Studentin" zu ersetzen und das Wort "Vollzeitstudium" zu streichen, was auch tatsächlich erfolgte

Mit weiterem Schreiben setzte der Kläger der Beklagten eine weitere Frist für die Streichung "Institut für Innenarchitektur". Der Kläger trägt vor, die Bezeichnung "Institut für Innenarchitektur" befinde sich an zahlreichen und präsenten Stellen der Website der Beklagten. Die Beklagte offeriere ihr Online-Angebot als Alternative zu einem Vollzeitstudium. Sie suggeriere, bei ihr handele es sich um eine staatliche Einrichtung, die eine Ausbildung im Bereich Innenarchitektur anbiete. Wenn man die Begriffe "dresden innenarchitektur studium" oder "Studium Innenarchitektur Dresden" bei Google eingebe, so erscheine als erstes Suchergebnis die Internetseite der Beklagten.

Die Beklagte trägt vor, sie habe keine Kurse für Innenarchitektur angeboten, sondern lediglich Kurse in den Fachrichtungen Raumgestaltung und Interiordesign. Eine Irreführung aufgrund etwaiger Google-Suchtreffer liege nicht vor. Weiter meint die Beklagte, dass die Wahl der Bezeichnung im Zusammenhang mit einer Produktvermarktung gesehen werden muss. Da die Beklagte sich weigerte, auf die Bezeichnung zu verzichten, erhob der Kläger Klage.

Die Entscheidung:

Das Oberlandesgericht bestätigt die Entscheidung des Landgerichts. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, 5 Absatz 2 Nummer 1, Nummer 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Gemäß § 5 Absatz 2 Nummer 1, Nummer 3 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung sowie über die Personen, Eigenschaften oder Rechte des relevanten Unternehmens beinhaltet.

Die Identität von Unternehmen kommt in ihrer Unternehmensbezeichnung zum Ausdruck. Diese Bezeichnung darf keine irreführenden Angaben enthalten, d.h. dem Verkehr keinen falschen oder missverständlichen Eindruck des dahinter stehenden Unternehmens vermitteln. Der Adressat soll Klarheit darüber haben, um welches Unternehmen es sich handelt. Der Aussagewert einer Unternehmensbezeichnung richtet sich grundsätzlich nach der Verkehrsauffassung.

Ob die bloße Verwendung des Wortes "Institut" geeignet ist, über wesentliche geschäftliche Verhältnisse irrezuführen, in dem durch diese Bezeichnung der Eindruck erweckt wird, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht stehende wissenschaftliche Einrichtung, kann dahinstehen. Zwar wird dieser Begriff häufig von wissenschaftlichen Zwecken dienenden Einrichtungen, insbesondere wissenschaftlichen Betriebseinheiten von Hochschulen verwendet. Heutzutage gibt es aber auch zahlreiche in privater Rechtsform gewerblich tätige Organisationen, die den Begriff "Institut" in ihrer Firma führen.

Allein die Bezeichnung "Institut" für sich betrachtet führt für den angesprochenen Verkehr nicht mehr zwangsläufig zu der Vorstellung, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal, nicht aber um einen privaten Gewerbebetrieb oder um eine private Vereinigung. Entscheidend sei vielmehr - wie auch nach der bisherigen Rechtsprechung - der Gesamtzusammenhang. Bei der Bezeichnung "Institut" muss ein Privatunternehmen zur Vermeidung von Irreführung mit klaren Hinweisen versehen werden, die einen solchen Charakter als öffentliche Einrichtung außer Zweifel stellen. Es kommt stets auf die konkrete Art des Gebrauchs, insbesondere die im Zusammenhang mit dem Begriff "Institut" verwendeten weiteren Bestandteile der Bezeichnung oder auf sonstige im Zusammenhang damit benutzten Angaben an. Die Angabe des Rechtsformzusatzes, z.B. GmbH, reicht in der Regel nicht aus, um die Täuschungseignung auszuschließen. Danach sind eindeutig nicht zur Täuschung geeignet und somit zulässige Begriffe beispielsweise Beerdigungs-, Detektiv- oder Meinungsforschungsinstitut. Etwas anderes ist anzunehmen, wenn die Tätigkeitsangabe im Zusammenhang mit der Bezeichnung "Institut" den Eindruck wissenschaftlicher Betätigung erweckt.

Aufgrund der Verwendung "Institut für Innenarchitektur" wird der Eindruck einer wissenschaftlichen Betätigung erweckt. Insbesondere wird hierdurch der Anschein erweckt, dass es sich um eine hochschulrechtliche Einrichtung handelt. Hierdurch suggeriert die Beklagte, dass sie eine öffentliche oder öffentlich geförderte Einrichtung darstellt, die einen staatlichen Ausbildungsabschluss ermöglicht. Jedoch handelt es sich bei der Beklagten gerade weder um eine Hochschule oder um eine öffentlich geförderte Einrichtung noch bietet die Beklagte einen Bachelor- oder Masterstudiengang an. Die Kursteilnehmer und Kursteilnehmerrinnen der Beklagten können nur Online-Zertifikate für ihre Weiterbildung erhalten.

Der Eindruck, dass es sich vorliegend um eine staatliche Einrichtung, öffentliche Aufsicht oder um eine Zugehörigkeit zu einer Universität handelt, wird dadurch verstärkt, dass die Beklagte ihren Sitz in einer Universitätsstadt hat. Bei der Fachrichtung Innenarchitektur handelt es sich um einen wissenschaftlichen Bildungszweig. Die Stadt Dresden ist einerseits eine Universitätsstadt, zum anderen bietet die TU Dresden auch eine Fakultät für Architektur. Die Schlussfolgerung einer öffentlichen Verbindung oder öffentlichen Förderung der Beklagten durch die Verbraucher liegt nahe.

Im Ergebnis besteht die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise eine öffentliche Einrichtung oder öffentliche Förderungsmittel der Beklagten vermuten und auch von deren Fortbildungsangebot einen staatlichen Abschluss oder einer mit einem Studium vergleichbare Qualifikation erwarten.

Praxishinweis:

Angesichts der heute verbreiteten Verwendung der Bezeichnung "Institut" auch im privatwirtschaftlichen Bereich führt diese bei dem angesprochenen Verkehr für sich betrachtet nicht zu der Vorstellung, es handle sich um eine unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehenden Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal.

Die Verbindung des Begriffs "Institut" mit der Tätigkeitsangabe "... für Innenarchitektur" weckt allerdings den Eindruck wissenschaftlicher Betätigung, weil es sich bei dieser Fachrichtung um einen wissenschaftlichen Bildungszweig handelt, der regelmäßig von Hochschulen angeboten wird.

Dass das Unternehmen seinen Sitz in einer Universitätsstadt mit einer Fakultät für Architektur aufweist, verstärkt den gedanklichen Bezug zu einer Hochschule.

Die Berufsbezeichnungen Architekt, Innenarchitekt, Landschaftsarchitekt und Stadtplaner sind gesetzlich geschützt. Dies gilt ebenso für die Begriffe Ingenieur und Beratender Ingenieur. Diese Bezeichnungen dürfen ausschließlich von Personen mit entsprechender Berechtigung verwendet werden. Möchte eine Gesellschaft Bezeichnungen wie Innenarchitekt oder Beratender Ingenieur im Firmennamen führen, ist eine Eintragung in das von der zuständigen Kammer geführte Gesellschaftsverzeichnis erforderlich.

Da es sich um geschützte Begriffe handelt, die mit einem hohen Qualitätsstandard verbunden sind, gibt es immer wieder Versuche, diese unberechtigt zu nutzen. Insbesondere im unübersichtlichen Bildungsbereich tauchen zunehmend Angebote auf, die diese Begriffe irreführend verwenden. Solche Angebote erfüllen jedoch nicht die gesetzlichen Anforderungen und berechtigen somit nicht zur Führung der geschützten Bezeichnungen. Häufig wird dabei durch die Verwendung von Begriffen wie "Institut für … (eine wissenschaftliche Fachrichtung)" versucht, den Anschein einer staatlichen Legitimation zu erwecken.

Studierenden sei es daher dringend empfohlen, sich vor der Wahl von Lehrgängen oder Studienangeboten bei der zuständigen Kammer zu informieren. Aber auch bei der Werbung für die eigene Praxis ist stets Vorsicht (und Rechtsrat) geboten.


Fotos: privat

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