Aus der Rechtsprechung

Schon wieder Aufstockungsklage – jetzt bei öffentlichem Auftraggeber möglich

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2024 – VII ZR 221/22

Die Diskussion darüber, ob deutsche Gerichte nach dem EuGH-Urteil vom 04.07.2019 (EuGH, Urteil vom 04.07.2019 – Rs. C-377/17) die zwingenden Preise der HOAI 2009/2013 noch anwenden dürfen, hat Auftraggeber, Architektinnen und Architekten und nicht zuletzt die Gerichte intensiv beschäftigt.

Besonders kontrovers war es, wenn Architekten versuchten, ihre Honorare über die Mindestsätze der HOAI abzurechnen und damit das vereinbarte Pauschalhonorar aufzustocken. Nachdem der EuGH entschieden hatte, dass die HOAI-Preise gegen EU-Recht verstoßen, fragte man sich, ob deutsche Richter sie weiterhin berücksichtigen können. Die jüngste Entscheidung des EuGH (Urteil vom 18.01.2022 – Rs. C-261/20) und des BGH (Urteil vom 02.06.2022 – VII ZR 229/19) besagt, dass das zwingende HOAI-Preisrecht in rein deutschen Verträgen noch anwendbar ist.

Dies eröffnet Architektinnen und Architekten die Möglichkeit, ihre Honorare über die Abrechnung nach den HOAI-Mindestsätzen zu erhöhen, selbst bei öffentlichen Auftraggebern. Bei öffentlichen Auftraggebern wurde zuvor noch vertreten, dass in solchen Vertragsverhältnissen nicht umgesetztes EU-Recht unmittelbar gelten müsse, sodass dort eine Abrechnung über die (unwirksamen) Mindestsätze nicht mehr möglich ist.

Der BGH argumentiert, dass ein Staat sich nicht auf EU-Recht berufen kann, wenn er es versäumt hat, es in nationales Recht umzusetzen. Somit können Aufstockungsklagen auch gegen öffentliche Auftraggeberinnen und Auftraggeber eingereicht werden, sofern die HOAI 2009/2013 gilt. Dies ist eine bedeutende Entwicklung für Architekten.

Autor: Jochen Mittenzwey, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht / Gesellschafter MO45LEGAL – Bschorr | Warneke | Sukowski GbR
Rechtsanwälte und Notare
mittenzwey@mo45.de
Foto: Privat

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