Architekt im Praktikum ist Ausbildung, nicht Beruf
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.01.2025 - 4 S 1741/23Die Zeit als Architekt im Praktikum dient der Berufsbefähigung als Architekt. Trotz Eintragung in die Architektenliste und Mitgliedschaft im Versorgungswerk handelt es sich um Ausbildung, nicht um einen eigenen Beruf. Ausbildungszeiten können für den Aufstieg in den Stufen des öffentlichen Dienstes nicht berücksichtigt werden.
Der Sachverhalt
Nach seinem Architekturstudium war K mehrere Jahre in der Privatwirtschaft tätig, davon zwei Jahre als Architekt im Praktikum (AiP). Für seine spätere Berufung in das Beamtenverhältnis als Bauoberinspektoranwärter wurde ihm diese berufliche Tätigkeit grundsätzlich auf die Erfahrungsstufen angerechnet – mit Ausnahme der zwei Jahre als AiP.
K ist der Ansicht, dass auch diese Zeit berücksichtigt werden müsse. Schließlich habe er als Diplom-Planer bereits alle fachlichen Voraussetzungen erfüllt, Vergütung erhalten und eigenständig Architekturleistungen erbracht. Der Beruf des Architekten sei kein reglementierter, sondern lediglich ein geschützter Titel – ebenso wie die Bezeichnung AiP. Die Architektenkammer teilt diese Auffassung und weist darauf hin, dass AiP-Mitglieder vollwertige Mitglieder der Kammer seien, dem Versorgungswerk angehörten und der Berufsordnung unterlägen. Aus Sicht der Kammer handle es sich dabei nicht um eine Ausbildung, sondern um eine berufliche Tätigkeit.
Das zuständige Landesamt sieht das anders: Die Zeit als AiP sei der Ausbildung zuzurechnen. Sie stelle keine eigenständige Berufstätigkeit dar, sondern sei notwendige Voraussetzung für die Eintragung als Architekt. Auch die Satzung der Architektenkammer selbst betone, dass die AiP-Zeit dem Erwerb praktischer Erfahrungen und der Vertiefung beruflicher Kompetenzen diene – unter Anleitung und nicht in vollständiger Eigenverantwortung. Erst nach Abschluss dieser Phase sei eine eigenständige Berufsausübung möglich.
Nachdem K's Widerspruch gegen die Nichtanerkennung erfolglos blieb, klagte er vor dem Verwaltungsgericht. Dieses wies die Klage in erster Instanz ab und bestätigte die Auffassung des Landesamts.
Die Entscheidung
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt: Tätigkeiten, die schwerpunktmäßig der Ausbildung dienen – wie die Zeit als Architekt im Praktikum (AiP) – können nicht als hauptberufliche Zeiten im Sinne des Stufenaufstiegs im Beamtenverhältnis anerkannt werden. Ausbildung und hauptberufliche Tätigkeit, welche durch jene ja erst ermöglicht werden soll, schließen sich laut Gericht gegenseitig aus.
Die Richter stellten klar: Eine berufliche Tätigkeit im Sinne der Erfahrungsstufen beginnt erst dann, wenn alle Voraussetzungen zur eigenverantwortlichen Ausübung des Berufs erfüllt sind. Zeiten, die dem Erwerb dieser Befähigung dienen, gelten nicht als berufliche Tätigkeit.
K könne sich nicht darauf berufen, bereits nach dem Studium als Planer gearbeitet zu haben. Mit der Entscheidung für den Architektenberuf habe er auch den Weg über die AiP-Zeit als notwendigen Zwischenschritt gewählt. Der AiP sei kein eigenständiger Beruf, sondern eine Übergangsphase, die auf die spätere Berufsausübung als Architekt vorbereitet. Auch der Umstand, dass es sich beim AiP um eine geschützte Berufsbezeichnung handelt, ändere nichts an dieser rechtlichen Bewertung.
Praxishinweis
Die Anerkennung von Zeiten in den Erfahrungsstufen ist maßgeblich für die Höhe der Vergütung im öffentlichen Dienst. Da die Tätigkeit als Architekt im Praktikum (AiP) nicht als vollwertige Berufserfahrung, sondern als Ausbildungszeit gilt, wird sie bei der Einstufung in die Erfahrungsstufen nicht berücksichtigt. Für Betroffene bedeutet das in der Regel eine niedrigere Besoldung beim Einstieg ins Beamtenverhältnis.
Diese Bewertung betrifft nicht nur den AiP, sondern findet sich in vergleichbarer Form auch in anderen Bundesländern – etwa bei Regelungen zur Tätigkeit als Junior-Architekt. Auch hier bleibt die Phase vor der vollen Berufszulassung außen vor.
Wer eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst anstrebt, sollte sich frühzeitig über die Anerkennungsmöglichkeiten von Ausbildungs- und Berufserfahrungszeiten informieren. Die Einstufung in die Erfahrungsstufen kann sich nämlich direkt auf die spätere Vergütung auswirken.