Rechtsprechung

Die Lasten lasten auf dem Tragwerksplaner!

(OLG Stuttgart, Urteil vom 26.11.2019 - 12 U 24/19; BGH, Beschluss vom 29.07.2020 - VII ZR 284/19 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Ein Bauherr ließ von einem Architekten die Aufstockung eines Wohnhauses planen. Vorge-sehen war u.a. ein offener gemauerter Kamin mit Bodenplatte. Ein Tragwerksplaner sollte die Statik der Baumaßnahme erstellen. Nach Abschluss der Baumaßnahme stattete der Bauherr das Kaminzimmer zudem noch mit schweren Bücherregalen aus. Der Kamin sowie die Bü-cherregale wurden in der Statik nicht ausreichend berücksichtigt. Es entstanden Risse, deren Sanierung ca. 80.000,00 € kostete. Der Bauherr sah den Tragwerksplaner in der Pflicht. Die-ser verteidigte sich damit, dass er nicht wissen konnte, dass der geplante Kamin kein üblicher Kamin, sondern ein schwerer gemauerter Kamin, sein sollte. Dies sei für ihn aus dem Ver-merk zur Werkplanung: „Bodenplatte 80/100 unter Kamin“ nicht ersichtlich gewesen. In den Baugesuchsplänen war unstreitig - ohne Lastangaben - ein Edelstahlkamin angegeben gewe-sen. Die Argumentation des Tragwerkplaners bliebe ohne Erfolg!

Ein Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass es dem Tragwerksplaner hätte auffallen müssen, dass für den Kamin eine eigene Bodenplatte vorgesehen war. Die vorge-sehene Ausführungsart entsprach keinem üblichen Kamin. Aus dem Vermerk zur Bodenplat-te des Kamins hätte nur folgen können, dass hiermit die Aufstandsplatte eines gemauerten Kamins gemeint war. Für übliche, freistehende Kamine ist eine solche Bodenplatte nicht vor-gesehen. Im Rahmen der Lastabfragung hätte der Tragwerksplaner auf diesen Umstand aufmerksam werden müssen. Er hätte in der Folge beim Bauherrn die Lasten abfragen müs-sen. Darüber hinaus hätte der Tragwerksplaner den Bauherrn darauf hinweisen müssen, dass ein schwerer gemauerter Kamin auf einer Holzbalkendecke wegen der Weichheit des Materi-als (Holzbalken) zumindest problematisch ist. Ebenso hätte der Tragwerksplaner die Lasten von Einrichtungsgegenständen, wie bspw. Bücherregalen abfragen müssen. Da er dies nicht tat, war seine Planung mangelhaft. Ein Mitverschulden traf den Bauherrn indes nicht. Es war nicht die Aufgabe des Architekten, den Tragwerksplaner über die Lasten zu informieren. Die Abfrage der Lasten ist allein Aufgabe des Tragwerksplaners.

Was lernen wir hieraus? Wenn es solche scheinbaren Widersprüche in der Planung gibt (Edelstahlkamin oder gemauerter offener Kamin) und es zudem um statisch anspruchsvolle Aufstockungen im Bestand geht, sollte lieber einmal mehr an den Bauherrn - nachweisbar - herangetreten werden und auch der letzte Zweifel oder Widerspruch ausgeräumt werden. Alles andere wird teuer, in dem Fall für den Tragwerksplaner.

Die Nutzung der männlichen Form in Fällen der Allgemeingültigkeit dient ausschließlich der Lesbarkeit juristischer Texte.

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