In alte Schönheit gestemmt: Multihalle bewegt sich
In Mannheim geht es voran. Jedenfalls bei der Multihalle von Frei Otto (mit Carlfried Mutschler), die von der Stadt auch schon einmal abgerissen werden sollte. Wurde sie nicht, der Chor der dagegen Protestierenden war international besetzt und prominent; der Image-Schaden wurde mit Recht als zu groß eingeschätzt. Es gab Werkstätten, Workshops, Vereinsgründungen und endlich den internationalen Ideenwettbewerb „MULTI-HALLE – DEMOCRATIC UMBRELLA“, der als Gewinner die Büros COFO und PEÑA ausmachte. Deren „Transformation der Multihalle“ zielt darauf ab, „einen dynamischen sozialen Raum zu schaffen, der die Kreativität der BürgerInnen anregt und ihr Wissen erweitert“, so ist auf der offiziellen Webseite zu lesen, so wollten es wohl auch Frei Otto und Carlfried Mutschler vor einem halben Jahrhundert.
Das ist der eine Teil der Rettungs- und Wiedererweckungsgeschichte, der allerdings untrennbar mit dem anderen Teil der Geschichte verbunden ist, der Restaurierung des minimalistischen Holztragwerks unter Beibehaltung der Konstruktionsidee. Und hier kommt die Wüstenrot-Stiftung ins Spiel, die bei solchen höchst anspruchsvollen Rettungsaktionen verlässlicher fachlicher Begleiter wie auch Finanzierer ist; Finanzierer mit dem nötigen Selbstbewusstsein (s. a. „Im Gespräch mit …“ in DBZ 09|2021, S. 12f).
Zusammen mit den TragwerksplanerInnen von Fast + Epp Darmstadt entwickelten die ExpertInnen, die die Stiftung mit ins Boot holte, das „probeweise Instandsetzungsverfahren“, ein Verfahren, das mit der HOAI eigentlich nicht zu machen ist, wie Thomas Knappheide auf Nachfrage erklärte. Thomas Knappheide ist bei der Stiftung verantwortlich für Projektmanagement und Bausteuerung. Mit diesem Verfahren, das man auch als ein experimentelles Herantasten an die beste Lösung umschreiben könnte, werden bei der Multihalle unterschiedliche Testfelder bearbeitet, so aktuell die große Delle im Hauptdach, eine Absenkung der Dachfläche um bis zu einem Meter. Diese Delle wurde nun über das punktuelle In-die-Höhe-Drücken mittels Schwerlaststützen wieder ausgeglichen. Vor dem Hochdrücken, das an den jeweiligen Stützen per Handarbeit vorgenommen wurde, hatten Laservermessungen die jeweilige Distanz errechnet, um die die Decke an jedem Punkt angehoben werden sollte. Damit sich das Tragwerk spannungsfrei verformen konnte, mussten die Verschraubungen sämtlicher in Anspruch genommener Gleitlager geöffnet werden; ein durchaus (ent-)spannender Moment!
Die Komplexität der Arbeiten, einhergehend mit dem Zuwachs der Leistungsumfänge, hat die Stadt mittlerweile genötigt, die Planungsleis-tungen erneut öffentlich auszuschreiben. Dass das den Restaurierungs- und Umbauprozess nicht gerade beschleunigt, liegt auf der Hand, die schon ambitionierte Planung. Die Anlage, zur BUGA 2023 fertiggestellt übergeben zu können, ist nun auch offiziell als gescheitert erklärt. Man werde allerdings den BesucherInnen die Halle mit ihren weiteren überdachten Räumen als Schaustelle präsentieren. Was nicht wenig wäre! Wir bleiben dran. Be. K.