Aus der Rechtsprechung

Wann muss der Objektüberwacher die TGA-Gewerke überwachen?

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.03.2025 - 22 U 55/24

Ein Bauherr beauftragt einen Objektplaner mit der Planung und Bauüberwachung (Beauftragung wörtlich mit der „Vollarchitektur“) des Umbaus und der Erweiterung eines Fitnessstudios. Im Sanitärbereich zeigen sich nach Fertigstellung Mängel, u.a. an der Abdichtung der Duschen. Der Bauherr nimmt den Objektplaner in Anspruch. Dieser verteidigt sich damit, dass er als Objektplaner die TGA-Gewerke nicht überwachen musste. Die Überwachung hätte einem Fachplaner oblegen. Diesen hatte der Bauherr aber nicht beauftragt, sodass der Schaden damit allein vom Bauherrn zu tragen sei. Die Klage des Bauherrn hatte sowohl in der ersten als auch zweiten Instanz Erfolg.

Zwar schuldet der Objektplaner selbst grundsätzlich keine Objektüberwachung der Fachplanungsbereiche wie hier die Ausführung der TGA-Gewerke. Dafür wäre ein gesonderter Fachplaner notwendig gewesen. Dennoch ergibt sich ein Schadensersatzanspruch des Bauherrn gegen den Objektplaner. Der Objektplaner hätte den Bauherrn bei Beauftragung rechtzeitig darauf hinweisen müssen, dass Fachplaner für die Realisierung des Bauvorhabens hinzugezogen werden müssen.

Der Bauherr durfte nach Auslegung des Vertrages von einer Beauftragung mit der Vollarchitektur ausgehen. Bei der Vollarchitektur darf ein typischer Bauherr ferner davon ausgehen, dass der Architekt alle erforderlichen Leistungen erbringt, durch die das Bauvorhaben mangelfrei realisiert werden kann. Sofern die Hinzuziehung weiterer Fachplaner oder die Beauftragung anderer Leistungen für die mangelfreie Realisierung notwendig ist, hätte der Objektplaner im Rahmen seiner Beratungs- und Aufklärungspflichten zum Leistungsbedarf des Bauherrn, diesen darüber informieren müssen, dass ein Fachplaner für die Überwachung der TGA-Gewerke vom Bauherrn gesondert zu beauftragen ist.

Dies erst recht, wenn der Bauherr mit der Beauftragung der „Vollarchitektur“ von der Beauftragung aller notwendigen Planungs- und Überwachungsleistungen ausgehen konnte und auch dem Objektplaner aufgrund der Tatsache, dass neben ihm ausschließlich ausführende Gewerke auf der Baustelle anwesend waren, klargewesen sein muss, dass die TGA-Gewerke nicht überwacht werden.

Aus dieser unterlassenen Hinweispflicht haftet der Objektplaner nun so, wie wenn er die Überwachungsleistungen zu erbringen, aber nur mangelhaft überwacht hätte, eine einleuchtende Entscheidung.


Foto: Privat

Foto: Privat

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 06/2022

Der Architekt und die Fachplaner

Der mit der Objektplanung entsprechend dem Leistungsbild nach §§ 33 ff. HOAI beauftragte Architekt hat nicht nur seine eigenen Planungsleis-tungen in den Blick zu nehmen, sondern vielmehr auch die...

mehr
Aus der Rechtsprechung

Tätigkeit als Bauleiter begründet kein Honorar nach LPH 8 HOAI

OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 11.05.2023 – 22 U 19/22; BGH, Beschluss v. 15.05.2024 – VII ZR 118/23 (Nichtzulassungsbeschwerde abgewiesen)

Der Architekt konnte nicht nachweisen, dass er mit den abgerechneten Grundleistungen der Leistungsphase 8 HOAI beauftragt worden ist. Der Auftraggeber wandte dagegen ein, dass der Architekt insoweit...

mehr

Architekt muss Tragwerksplaner überwachen, ob Tragwerksplaner richtig überwacht!

Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 24.03.2022 – 14 U 50/17 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen

Ein Bauherr beauftragte den Architekten mit der Objektplanung inklusive der Bauüberwachung ? Leistungsphase 8 ? eines Einfamilienhauses. Den Statiker beauftragte der Bauherr mit der Tragwerksplanung....

mehr
Rechtsprechung

Honorar oder Akquise?

Nach Ansicht des OLG Düsseldorf hatten die Parteien einen konkludenten Vertrag über die Erbringung von Architektenleistungen lediglich betreffend die Leistungsphasen 1 bis 3 geschlossen. Ob hier...

mehr
Rechtsbeitrag

Kündigung des Architektenvertrags aus wichtigem Grund auch ohne ausdrücklich vereinbarte Zwischenfristen

Kammergericht, Urteil vom 26.04.2022 - Az. 21 U 1030/20

Das Kammergericht hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein Bauherr einen Architekten den Vertrag aus wichtigem Grund gekündigt hatte. Als wichtigen Grund führte der Bauherr an, der Architekt habe...

mehr