Rechtsprechung

Schaden vor Abnahme entstanden - Verjährungsfrist beginnt trotzdem erst ab der Abnahme

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2021 - 22 U 66/21 (nicht rechtskräftig)

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt einen Architekten nach einer „Energie-einsparungsberatung“ mit der Planung einer Solaranlage. Auf Grundlage der Wirtschaftlich-keitsberechnung des Architekten entschied sich die Wohnungseigentümergemeinschaft für die Errichtung der Solaranlage. Die Solaranlage konnte in der Praxis tatsächlich kaum Ein-sparungen bei den Energiekosten aufweisen. Die Berechnungen zum Solarertrag waren mangelhaft. Die Fehlinvestition der Wohnungseigentümergemeinschaft lag im Ergebnis bei 73 %. Diesen Schaden machte die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Architek-ten geltend. Dieser berief sich u.a. auf Verjährung des Schadensersatzanspruches, da der Schaden bereits weit vor der Abnahme, bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung und der da-rauffolgenden Entscheidung der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Bau der Solaranla-ge entstanden sei.

Dem erteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf in zweiter Instanz eine Absage.

Auch wenn der Schaden vor Abnahme eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist für Män-gelansprüche aus § 634 BGB nach § 634a BGB erst mit der Abnahme der Architektenleis-tungen. Planungs- und Überwachungsmängel realisieren sich üblicherweise vor Abnahme der Werkleistungen. Wenn man diese Mängel und daraus resultierende Schäden aus dem An-wendungsbereich des § 634a BGB herausnehmen würde, würde es praktisch kaum noch einen sinnvollen Anwendungsbereich für diese Regelung geben. Auch lag es in der Intention des Gesetzgebers, die Gesamtschuld zwischen Architekten und Bauunternehmer mit unter-schiedlichen Verjährungsfristen nicht auseinanderfallen zu lassen. Aus diesem Grunde sollen auch Schäden, die sich aus mangelhaften Architektenleistungen vor Abnahme realisieren, zu den Rechten aus § 634 BGB führen, deren Verjährung nach § 634a BGB erst mit der Ab-nahme der Leistungen beginnt.

Eine nachvollziehbare Entscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf. Architekten sei empfohlen - sofern möglich - einen Stufenvertrag zu vereinbaren und bei gefahrgeneigten Leistungen Abnahmen nach der jeweiligen Leistungsstufe zu vereinbaren.

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