Aus der Rechtsprechung

Keine Haftung des Planers wegen Vergabeverstoß

KG, Urteil vom 30.01.2024 - 9 U 110/21

Ein Planer wurde mit der Erstellung der Leistungsverzeichnisse beauftragt. Dabei schrieb der Planer verdeckt produktspezifisch aus. Der Auftraggeber hingegen hatte erkannt, dass das Angebot des günstigsten Bieters nicht den Leistungsverzeichnisanforderungen entsprach und hat daraufhin mit diesem Bieter ebenfalls vergaberechtswidrig nachverhandelt, um das Angebot zuschlagsfähig zu machen. Der zweitplatzierte Bieter leitete ein Nachprüfungsverfahren ein.

Der Planer wies den Auftraggeber nicht daraufhin, dass er durch die produktspezifische Ausschreibung ebenfalls einen Vergaberechtsverstoß begangen hatte. Der Auftraggeber nahm nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens den Planer auf Schadensersatz in Höhe der Kosten des Nachprüfungsverfahrens von 50.000,00 EUR sowie der baulichen Mehrkosten in Höhe von mehr als 2 Mio. EUR wegen der Aufhebung und Neuausschreibung in Anspruch.

Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Berlin sowie das Kammergericht in der Berufungsinstanz haben die Klage des Auftraggebers abgewiesen. Eine Haftung des Planers scheitert am fehlenden Zurechnungszusammenhang. Der Auftraggeber hat durch seine vergaberechtswidrige Nachverhandlung mit dem günstigsten Bieter eine alleinige Haftungsursache gesetzt.

Die Rüge des Zweitplatzierten hat der Auftraggeber nicht abgeholfen. Das Nachprüfungsverfahren war allein deswegen erfolgreich. Das Gericht sah eine Unterbrechung der Haftung des Planers durch das eigene, grob vergaberechtswidrige Verhalten des Auftraggebers für gegeben. Überdies verdränge ein überwiegendes Mitverschulden des Auftraggebers das Verschulden des Planers. Da der Planer insoweit nur für die vergaberechtskonforme Erstellung des Leistungsverzeichnisses verantwortlich ist, nicht aber für eine umfassende vergaberechtliche Beratung sowie für vergaberechtliche Entscheidungen des Auftraggebers im Vergabeverfahren, tritt die Haftung des Planers hinter die Haftung des Auftraggebers nahezu vollständig zurück. Im Übrigen wäre eine Aufhebung und Neuausschreibung und somit die damit verbundenen Kosten nicht notwendig gewesen, weil der Auftraggeber nach dem erfolgreichen Nachprüfungsverfahren den Zweitplatzierten beauftragen hätte können, ohne Aufhebung und Neuausschreibung.

Fazit

Glück im Unglück für den Planer: Schnell ist hier die Grenze zur unerlaubten Rechtsdienstleistung im Rahmen der Leistungsphase 6 und 7 überschritten, woraus sich dann wieder eine Haftung des Planers ergeben kann. Gut beraten ist der Planer, wenn er dem Auftraggeber in solchen sensiblen Bereichen die Hinzuziehung eines Vergaberechtlers empfiehlt, der z.B. die Voraussetzungen einer produktspezifischen Ausschreibung prüfen soll.


Foto: Privat

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